Nahostkonflikt Hamas droht Israel mit Rache

Jerusalem/Düsseldorf (RP). Für Israel war Mahmud al Mabhuhs ein gefährlicher Feind, ein Waffenschmuggler und Mörder. Vor wenigen Tagen wurde der Funktionär der radikalislamischen Hamas in seinem Hotelzimmer in Dubai vergiftet und mit einem Stromschlag getötet. Sein Tod könnte im Nahen Osten eine neue Spirale der Gewalt auslösen.

 Anhänger tragen ein Plakat mit dem Konterfei des Funktionärs der radikalislamischen Hamas.

Anhänger tragen ein Plakat mit dem Konterfei des Funktionärs der radikalislamischen Hamas.

Foto: AP, AP

Am Montag bestätigte die israelische Armee, dass sie ihre ranghohen Offiziere im Ausland zu erhöhten Sicherheitsvorkehrungen geraten hat, nachdem die Hamas Vergeltung für den Tod von Mahmud al Mabhuhs angedroht hatte. Die Hamas beschuldigt den israelischen Geheimdienst Mossad, Mabhuhs eliminiert zu haben. Wie üblich gab es dazu von israelischer Seite keinen Kommentar.

 Führende Mitglieder der Hamas trauern um Mahmud al Mabhuhs.

Führende Mitglieder der Hamas trauern um Mahmud al Mabhuhs.

Foto: AFP, AFP

Aber seit dem Mord von Dubai ist der Mossad wieder in aller Munde und vor allem sein Chef, Meir Dagan. Seit rund acht Jahren führt Meir Dagan Israels legendären Geheimdienst. Unter der Leitung des ehemaligen Berufssoldaten hat der "lange Arm Israels" seinen zeitweilig stark angekratzten Ruf wiederhergestellt. Inzwischen wird fast jeder mysteriöse Todesfall im Iran oder in der arabischen Welt Dagans Agenten angerechnet.

Als Dagan im Jahr 2002 den Posten des Mossad-Chefs übernahm, war der Geheimdienst zutiefst verunsichert. Ende der neunziger Jahre waren mehrere Einsätze katastrophal misslungen. Agenten wurden aufgedeckt, verhaftet, Israel offiziell gedemütigt. Dagans Vorgänger war deswegen auf einen vorsichtigen Kurs bedacht. Er wollte Pannen auf jeden Fall vermeiden.

Doch mit Dagan änderte sich diese Haltung drastisch. Vor allem im Iran sieht Dagan existentielle Bedrohung für den Staat Israel. Für den Sohn von Holocaust-Überlebenden, der 1945 in Sibirien geboren wurde, haben die Drohungen des iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad, Israel von der Landkarte zu tilgen, eine konkrete Bedeutung. In seinem Büro in Tel Aviv hängt ein Schwarzweiß-Foto von einem alten Mann, der vor einem Loch in der Erde kniet. Hinter ihm steht ein Nazi-Scherge, der ihm ins Genick schießt. Der Mann auf dem Foto ist angeblich Dagans Großvater.

Dagan machte den Mossad wieder offensiv

Um die Bedrohung einer iranischen Atombombe abzuwenden, forderte Dagan vom Mossad wieder mehr Wagemut. Er konzentrierte seine Anstrengungen fast ausschließlich auf Teheran und die von dort unterstützten israelfeindlichen Organisationen Hamas und Hisbollah.

Die Erfolge ließen nicht lange auf sich warten. So sollen Dagans Männer iranischen Widerstandsgruppen die Informationen über die streng geheimen Anreicherungsanlagen in Natanz zugespielt haben, die 2003 an die Öffentlichkeit drangen und die Kooperation des Iran mit Pakistan offenlegten. Dagan soll auch die Internationale Atomenergiebehörde IAEO von einem nuklearen Forschungslabor in Lavisan unterrichtet haben. Als die Iraner davon erfuhren, waren sie gezwungen, die ganze Anlage niederzuwalzen, das Erdreich abzutragen und stattdessen einen Fußballplatz anzulegen.

Iran im Fokus

Doch unter Dagan begnügt sich der Mossad nicht mehr damit, nur Informationen zu sammeln. Der Iran und seine Verbündeten vermuten den langen Arm Israels hinter den sich zuletzt häufenden mysteriösen Todesfällen. Ungeklärte Flugzeugabstürze im Iran, bei denen Angehörige des Atomprogramms ums Leben kommen, Explosionen in Kasernen und Anlagen, die der Herstellung von Massenvernichtungswaffen dienen ­— immer wird der Mossad verdächtigt.

Allein Dagan sei es zu verdanken, dass der Iran noch keine Atombombe besitze, schrieb die ägyptische Zeitung "Al-Ahram". Wer auf der Liste der Feinde Israels ganz oben steht, ist seines Lebens nicht mehr sicher. Männer wie Imad Mughniyeh zum Beispiel, der als Generalstabschef der Hisbollah galt. Er wurde im Februar 2008 in der syrischen Hauptstadt Damaskus durch eine Bombe in der Kopflehne seines Wagens getötet.

Wenig später wurde ein hochrangiger syrischer Beamter beim Baden im Meer von einem Scharfschützen erschossen. Kein Wunder, dass der Mossad jetzt auch im Fall von Mahmud al Mabhuhs in Verdacht gerät. Der Hamas-Mann passte nur allzu gut in Dagans lange Liste.

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