Gaza-Krise Hamas beschlagnahmt UN-Hilfsgüter mit Waffengewalt

Jerusalem/Brüssel (RPO). Die radikalislamische Hamas hat laut UN mit Waffengewalt Hilfsgüter an sich gebracht, die für die notleidende Zivilbevölkerung im Gazastreifen gedacht waren. Der Chef des UN-Hilfswerks für die Palästinenser (UNRWA), Chris Gunness, verurteilte das Verhalten der Hamas am Mittwoch als "absolut inakzeptabel".

 Die Hamas hat offenbar UN-Hilfsgüter mit Waffengewalt beschlagnahmt.

Die Hamas hat offenbar UN-Hilfsgüter mit Waffengewalt beschlagnahmt.

Foto: AP, AP

Hamas-Polizisten seien am Dienstagabend in ein Lager der UN in Gaza eingedrungen und hätten 3.500 Decken und 4.000 Lebensmittelpakete an sich gebracht, sagte Gunness. "Sie waren bewaffnet, sie haben die Sachen an sich gerissen, sie haben sie mit Gewalt genommen", sagte er. Zuvor hatte sich die Hilfsorganisation geweigert, die Waren an das von der Hamas geführte Sozialministerium auszuliefern.

Hamas-Sozialminister Ahmad Kurd stritt die Aktion nicht ab. Er warf der UN-Organisation vor, die Hilfsgüter an lokale Gruppen weiterzuleiten, die Verbindungen zu Gegnern der Hamas hätten. Die Hamas-Regierung verlange von den UN eine "sofortige Entschuldigung" für das "Verbreiten falscher Nachrichten", sagte Sprecher Taher Nunu.

Die israelische Regierung erklärte: "Wir haben schon in der Vergangenheit gesagt, wir wissen, dass die Hamas humanitäre Hilfsgüter und Spenden internationaler Organisationen stiehlt."

Abbas vor EU-Parlament

Der palästinensische Präsident Mahmud Abbas hat unterdessen seine Bereitschaft zum Dialog mit der Hamas bekräftigt. "Die nationale Versöhnung ist eine unserer Prioritäten", sagte Abbas am Mittwoch vor dem EU-Parlament in Straßburg. "Wir haben schon Anfang Juni einen Dialog ohne Vorbedingungen gefordert.... Unsere Tür bleibt offen, und wir werden eine Spaltung unseres Volkes nicht zulassen."

Abbas ist Vorsitzender der gemäßigten Fatah-Organisation und Präsident der Palästinensischen Autonomiebehörde, der die Hamas im Juni 2007 die Kontrolle über den Gazastreifen entrissen hatte. Abbas' Autorität beschränkt sich seither faktisch auf das Westjordanland. Nach dem Krieg zwischen der Hamas und Israel dringt die Europäische Union verstärkt auf eine Versöhnung der palästinensischen Fraktionen, um die Isolation des Gazastreifens zu beenden und den Wiederaufbau voranzubringen.

Den israelischen Streitkräften warf Abbas vor, bei dem Militäreinsatz im Gazastreifen Kriegsverbrechen begangen zu haben. "Mehr als 80 Prozent der Opfer waren Zivilisten, wie würden Sie das nennen? Es gab Verbrechen, und die Menschen, die diese Verbrechen begangen haben, müssen zur Verantwortung gezogen werden", sagte der palästinensische Präsident. Bei den israelischen Luftangriffen auf den Gazastreifen kamen fast 1.300 Menschen ums Leben.

Schiff will Hilfsgüter nach Gaza bringen

Trotz der israelischen Seeblockade des Gazastreifens setzte am Mittwoch ein Frachtschiff mit 60 Tonnen Medikamenten und Nahrungsmitteln an Bord seinen Weg Richtung Gazastreifen fort. An Bord der unter togoischer Flagge fahrenden "Tali" sind acht Aktivisten und Journalisten. Das Schiff hatte zunächst den zyprischen Hafen Larnaka für eine Inspektion angesteuert. Die Israelis haben in ähnlichen Fällen bislang alle Schiffe zurückgeschickt, die nach Gaza wollten.

Netanjahu fordert Sturz der Hamas durch Israel

Israels Oppositionsführer Benjamin Netanjahu hat einen Sturz der radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas im Gazastreifen durch sein Land gefordert. "Es gibt keine andere Wahl, als das Regime der Hamas, das ein Verbündeter des Irans ist, im Gazastreifen zu stürzen", sagte der rechtsgerichtete Netanjahu am Mittwoch auf einer Konferenz in Herzlija. Die "iranische Bedrohung" im Gazastreifen müsse "ausgemerzt" werden. Netanjahus Likud-Partei liegt Umfragen zufolge vor der Parlamentswahl am 10. Februar in Führung. Netanjahu war bereits von 1996 bis 1999 israelischer Regierungschef.

(AP)
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