USA Guantanamo wird Wahlkampfthema

Washington (RP). Das umstrittene Gefangenen-Camp auf Kuba schlägt als Thema auf den US-Präsidentschaftswahlkampf durch, Sowohl Barack Obama als auch John McCain wollen es eigentlich schließen, doch nach dem Urteil des Obersten Gerichts betonen sie plötzlich Differenzen.

2008: Gefangenenlager Guantanamo
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Foto: AP

Es dauerte nur wenige Stunden, da wurde das Guantanamo-Urteil des Obersten Gerichts zum Zankapfel im US-Präsidentschaftswahlkampf. Ohne Wenn und Aber begrüßte Barack Obama den Entscheid, der es den Gefangenen erlaubt, sich an zivile Gerichte zu wenden, statt sich wie bisher vor fragwürdigen Militärtribunalen verantworten zu müssen.

Der Versuch George W. Bushs, ein "juristisches schwarzes Loch” zu schaffen, habe Schiffbruch erlitten. Gescheitert sei eine Politik, "die auch McCain unterstützt”, erklärte der Senator aus Illinois mit einem Seitenhieb auf seinen republikanischen Widersacher. "Dies ist ein wichtiger Schritt, um wieder glaubwürdig zu werden als Nation, die der Herrschaft des Rechts verpflichtet ist.”

Damit weiß sich Harvard-Jurist Obama, der einst in Chicago lehrte, im Einklang mit den Anwälten der Guantánamo-Insassen. "Das Weiße Haus muss endlich Farbe bekennen”, fordert Vincent Warren, Direktor des Center for Constitutional Rights, einer New Yorker Organisation, die die meisten der 270 Häftlinge vertritt. Die Alternativen lägen in jedem Einzelfall klar auf der Hand. "Entweder kann man einem unabhängigen Richter genügend Beweise vorlegen, oder man muss den Gefangenen laufen lassen.”

Vorerst deutet freilich nichts darauf hin, dass Bushs Kabinett schnelle Konsequenzen zu ziehen gedenkt. Guantanamo werde "nicht heute und auch nicht in naher Zukunft” geschlossen, fasst die "New York Times” trocken zusammen. Justizminister Michael Mukasey gab zwar seine Enttäuschung zu Protokoll, betonte aber zugleich, dass die umstrittenen Prozesse vor den Richtern in Uniform fortgesetzt werden. Erst vor wenigen Tagen hatte das Verfahren gegen mutmaßliche Drahtzieher des Terrorinfernos vom 11. September 2001 begonnen, unter ihnen Khalid Scheich Mohammed, der als Chefplaner von 9/11 gilt.

Anders als früher wird es dem Staatschef diesmal nicht gelingen, das Parlament auf seine Seite zu ziehen, um den Richterspruch zu umschiffen. Bereits 2004 und 2006 hatte das Supreme Court Einzelaspekte der Guantanamo-Praxis verworfen. Jedes Mal schaffte es Bush, die republikanische Mehrheit im Kongress zu mobilisieren, um die praktischen Folgen auf ein Minimum zu begrenzen.

Kritik wird immer lauter

Seit November 2006 aber haben die Demokraten das Sagen auf dem Capitol Hill. Und auch in den Reihen der Konservativen wird die Kritik immer lauter. Arlen Specter, führender Republikaner im Justizausschuss des Senats, brachte es am knappsten auf den Punkt: "Obwohl die Sorge über Terrorgefahr immer noch groß ist, hat die Administration nicht nachweisen können, dass die Leute in Guantanamo wirklich eine Bedrohung darstellen”.

(RP)
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