Auch Vorwürfe gegen Ministerpräsidenten Nach Grubenunglück: Erdogan-Berater entschuldigt sich für Tritte

Soma · In der türkischen Unglücksmine von Soma werden nach Angaben der Regierung noch höchstens 18 verschüttete Kumpel vermutet. Das sagte Energieminister Taner Yildiz am Freitag, ließ aber erkennen, dass die Eingeschlossenen höchstwahrscheinlich tot sind.

Recep Tayyip Erdogans Berater Yusuf Yerkel tritt Demonstranten
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Erdogans Berater Yerkel tritt Demonstranten

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Zuletzt hatte die Zahl der Toten bei 284 gelegen, Yildiz sagte nun, dass sie wohl auf bis zu 302 steigen werde.

Unterdessen hat ein Berater des türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan sich für Tritte auf einen in der Bergarbeiterstadt Soma am Boden liegenden Demonstranten entschuldigt. "Der Zwischenfall am Mittwoch in Soma tut mir sehr leid", zitierten türkische Medien am Freitag eine Erklärung von Yusuf Yerkel.

Who's the dude in the suit? Rumored to be Erdogan's bodyguard or something #soma protests #turkey via @AtillaTasNet pic.twitter.com/38wIiMPIdZ

Wegen "Provokationen, Beleidigungen und Angriffen" habe er die Selbstbeherrschung verloren, erklärte Yerkel. Demonstranten hatten Erdogan und seine Delegation nach dem Unglück in der Kohlegrube der Stadt ausgepfiffen und ausgebuht. Die Katastrophe ist mit mindestens 284 toten Arbeitern das schwerste Bergwerksunglück in der Geschichte der Türkei.

Inzwischen gibt es auch Vorwürfe gegen Ministerpräsident Erdogan selbst. Er soll, so berichtet "Hürriyet Daily News", ein Mädchen in Soma angegriffen haben. Bei dem Auftritt des Ministerpräsidenten an der Unglücksmine sei das Mädchen auf ihn zugestürmt und habe geschrien: "Was macht der Mörder meines Vaters hier?" Laut Augenzeugenberichten soll Erdogan das Mädchen daraufhin geschlagen haben.

Ein Augenzeuge berichtete: "Ich habe noch nie so etwas gesehen. Wie kann ein Ministerpräsident so etwas tun?" Zuvor soll er auch einem Mann eine Ohrfeige verpasst haben. Geschehen sein soll das alles in einem Supermarkt, in den sich der Politiker wegen der wütenden Hinterbliebenden retten musste.

Grünen-Chef Cem Özdemir hat das Verhalten von Erdogan nach dem Grubenunglück kritisiert. "Der Auftritt, den er dort vorgelegt hat, ist einer, den auch viele seiner Anhänger nicht gutheißen können, denn nach so vielen Toten trauert man und findet die richtigen Worte und gießt nicht Öl ins Feuer, wie er es gemacht hat", sagte Özdemir am Freitag im ZDF-"Morgenmagazin".

Erdogan hatte die schlechte Sicherheitsbilanz der Kohlebergwerke in der Türkei heruntergespielt und gesagt: "Solche Unfälle passieren ständig."Özdemir bekräftigte zudem seine Forderung nach einer Aufarbeitung des Grubenunglücks. Diese solle unabhängig sein: "Das heißt eine, die auch von den Menschen vor Ort angenommen wird, in der die Gewerkschaften einbezogen sind, in der Überlebende einbezogen sind."

(afp/dpa)
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