Premierminister David Cameron Großbritanniens neuer Hoffnungsträger

London (RPO). David Cameron hat es geschafft: Als neuer Premierminister wird er die erste britische Koalitionsregierung der Nachkriegszeit führen. Zusammen mit den Liberaldemokraten muss der Hoffnungsträger der Konservativen schwere Entscheidungen treffen, um das Land wieder auf Kurs zu bringen. Dafür wird Cameron, der oftmals mit Tony Blair verglichen wird, eher die Standhaftigkeit einer Maggie Thatcher benötigen.

David Cameron startete als Hoffnungsträger
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Die Tories sind wieder da - und mit ihnen ihr Frontmann David Cameron. Der neue Premierminister erinnert viele an Tony Blair, weil er wie dieser mit jugendlichem Elan eine in politischer Bedeutungslosigkeit erstarrte Partei wieder in Schwung brachte. Wie Blair bei seinem Regierungsantritt 1997 ist Cameron zu Beginn seiner Amtszeit 43 Jahre alt - da er beim Einzug in Downing Street ein paar Monate jünger ist als Blair damals, geht der Konservative als der jüngste Premierminister in Großbritannien seit fast 200 Jahren in die Geschichte ein.

Das telegene Auftreten, die Lebhaftigkeit, der Wortwitz und der leidenschaftlicher Einsatz für seine Ziele erinnerten viele an die Anfangszeit des einstigen Hoffnungsträgers Blair. Und wie Blair von der sozialdemokratischen Labour Party studierte auch der Konservative Cameron an der renommierten Universität Oxford.

Elitäre Herkunft

Zuvor besuchte er das Elite-Internat Eton - genau wie die Prinzen William und Harry, die Söhne des britischen Thronfolgers Prinz Charles. Sein Lebenslauf sei "scheußlich privilegiert", gibt Cameron denn auch unumwunden zu. Dazu gehört auch, dass der Sohn eines erfolgreichen Börsenmaklers mit der Tochter eines Baronets verheiratet ist. Und laut dem Adelsführer Debrett's ist er selbst über eine uneheliche Tochter König Wilhelms IV. dessen Urururururenkel und damit ein Cousin zweiten Grades von Königin Elizabeth II.

Als Cameron Ende 2005 die Führung der Konservativen übernahm, wurde ihm mangelnde politische Erfahrung zur Last gelegt. Er saß zu diesem Zeitpunkt erst seit vier Jahren im Londoner Unterhaus. Zuvor war er Berater des früheren Premierministers John Major und seit 1988 in der Forschungsabteilung der Tories tätig gewesen.

Nach seinem Einzug ins Parlament 2001 erwarb sich Cameron aber rasch einen Ruf als eloquenter Pragmatiker. Vor der Übernahme der Parteiführung war er bildungspolitischer Sprecher und setzte sich nicht zuletzt für die Förderung behinderter Kinder ein. Cameron hatte selbst einen behinderten Sohn, der an zerebraler Kinderlähmung litt und Anfang 2009 im Alter von knapp sieben Jahren starb.

Mit jugendlichem Image gegen verbrauchte Labour-Führer

Der neue Tory-Chef versprach seinerzeit, die Partei, die von Kritikern als altmodisch und viel zu rechtsgerichtet gebrandmarkt wurde, weiter in die politische Mitte rücken. Mit einer Kombination aus sozialem Verantwortungsbewusstsein und freier Marktwirtschaft wollte er die Konservativen nach drei vernichtenden Wahlniederlagen seit 1997 wieder zurück an die Macht führen.

Das ist nun, obwohl es gegen Ende nochmals eng wurde, dank der Mitarbeit der Liberaldemokraten gelungen. Nach seiner Ernennung zum Premierminister erlaubte sich Cameron am späten Dienstag einen Augenblick des Triumphs: Großbritanniens "beste Tage liegen vor uns", sagte er, als er Hand in Hand mit seiner Frau Sarah in Downing Street 10, der Residenz des Regierungschefs eintraf. Doch schnell kam er wieder auf die gegenwärtige Lage zu sprechen.

Vor den besten Tagen stehen schwere Zeiten an, wie Cameron einräumte. "Wir haben einige große und drängende Probleme - ein enormes Haushaltsdefizit, tiefe soziale Probleme, ein politisches System, das reformbedürftig ist", sagte er. Anders als sein Vorvorgänger Tony Blair, mit dem er seit dem Amtsantritt als Führer der Konservativen im Dezember 2005 verglichen wurde, wird er einige politische Grausamkeiten begehen müssen. Ohne harte Einschnitte wird sich das Haushaltsloch, das griechische Dimensionen hat, nicht eindämmen lassen.

Dabei könnte es durchaus zu Szenen kommen, die älteren Briten aus der Ära Thatcher bekannt sind. Die "Eiserne Lady" brachte Großbritannien mit harten Reformen Ende der 70er Jahre wieder auf den Wachstumspfad zurück. Doch seither hat sich die Kluft zwischen Arm und Reich auf der Insel sichtbar vergrößert.

Geliebt und gehasst

Von daher wundert es nicht, dass die Briten seine Ausstrahlung bis zuletzt ambivalent sahen: Eine Zeitung verglich ihn vergangene Woche mit US-Präsident Barack Obama und nannte ihn "unsere einzige Hoffnung". In einer anderen hingegen war ein Foto von Cameron aus seiner Oxforder Studentenzeit, das ihn im Frack als hochmütigen Vertreter des Establishments zeigt.

Cameron versuchte seinem privilegiertes Dasein als "Upperclass David" einen "hemdsärmeligen Dave" entgegenzusetzen, der mit dem Fahrrad zur Arbeit fährt und ganz nahe an der Wirklichkeit der einfachen Leute dran ist. Abgenommen wird ihm das nicht unbedingt; die Zeitung "Independent" bezeichnete ihn "als die zweifellos privilegierteste Person, die Premierminister wird, seit Alec Douglas-Home". Der konservative Graf war vor mehr als einem halben Jahrhundert Regierungschef.

Und ja, die Fahrradfahrten von Notting Hill nach Westminster hatten einen Haken: Es wurde bald bekannt, dass Cameron sich von einem Chauffeur Aktentasche und Schuhe ins Büro fahren ließ. Und so muss er sich bis heute immer wieder fragen lassen, ob sich die Konservativen hinter ihrer neuen modernen Fassade wirklich geändert haben. Cameron hat nun Gelegenheit, das Gegenteil zu beweisen und Taten folgen zu lassen.

Immerhin: Nach Monaten des Stillstands um den mürrischen Labour-Premier Gordon Brown werden die Probleme nun angegangen.

(apd/ndi)
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