Brüssel/Berlin Eurogruppe kämpft um Athens Rettung

Brüssel/Berlin · Die Finanzminister zeigen Härte gegenüber Griechenland, öffnen aber eine Tür für Verhandlungen über die Änderung der Spar- und Reformauflagen. Der EU-Gipfel heute wird über Griechenlands Schicksal noch nicht entscheiden können.

Yanis Varoufakis – Medienexperte und Ex-Finanzminister
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Das ist Giannis Varoufakis

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Foto: dpa, el ase

Die Sitzung der Euro-Finanzminister gestern abend hat zumindest das Rätselraten beendet: Der neue griechische Finanzminister Giannis Varoufakis präsentierte seinen Kollegen aus den anderen Eurostaaten die Pläne der neuen Athener Linksregierung, die Griechenland einerseits in der Währungsunion halten sollen, andererseits jedoch die sozialen Härten der Reformagenda mindern sollen.

Der Fünf-Punkte-Plan sieht dem Vernehmen nach eine Brückenfinanzierung bis Ende August vor. Anfang September solle dann ein neues Hilfsprogramm an die Stelle des am Monatsende auslaufenden treten. Die halbjährige Übergangsfrist soll den griechischen Ideen zufolge mit den noch ausstehenden Hilfsmilliarden sowie kurzlaufenden Anleihen am Kapitalmarkt finanziert werden. Was die bisherigen Reformbedingungen angeht, ist die Regierung demnach bereit, 70 Prozent zu erfüllen. Einen Umbau des Arbeitsmarktes oder Rentenkürzungen lehnt sie dagegen ab. Varoufakis will zudem erreichen, dass die vereinbarten Haushaltszielmarken gesenkt werden. Statt eines Schuldenschnitts soll es eine Umschuldung geben - etwa in Anleihen, deren Wert von der Wirtschaftsleistung abhängt. Als fünfter Punkt wird der Kampf gegen die soziale Not im Land aufgeführt.

Bis zum kommenden Montag müssen die Euro-Finanzminister mit Griechenland eine Lösung zur Anschlussfinanzierung finden. Andernfalls drohen die Staatspleite und der unfreiwillige Abschied Griechenlands aus dem Euro. Keine Seite will dieses Risiko eingehen.

Die Bundesregierung hatte vor dem mit Spannung erwarteten Treffen ihre Linie unmissverständlich klargemacht: Athen müsse das bestehende Hilfsprogramm anerkennen. Es könne nur um die Verlängerung dieses Programms auf Basis der bisherigen Vereinbarungen gehen, hieß es in Regierungskreisen. Athen müsse sich an Verträge halten, die die Vorgängerregierung eingegangen sei. Dies bedeute auch, dass weiterhin die Europäische Zentralbank (EZB), die EU-Kommission und der Internationale Währungsfonds (IWF) für die Kontrolle der Umsetzung des Programms zuständig seien. Das Dreiergremium muss aus deutscher Sicht allerdings nicht mehr "Troika" genannt werden, wenn die Griechen dies wünschen. Die von Athen ins Spiel gebrachte Industrieländer-Organisation OECD könne nur beratend zur Seite stehen.

Die griechische Regierung hatte bereits signalisiert, sie sei mit etwa 70 Prozent der Programmbestandteile einverstanden, 30 Prozent müssten geändert werden. Denkbar wäre etwa, dass die neue Regierung in Athen die Sozialausgaben steigert, dafür aber im Gegenzug die Verteidigungsausgaben kürzt.

Eine Entscheidung ist gestern natürlich noch nicht gefallen. Auch auf dem informellen EU-Gipfel heute in Brüssel würden noch keine Entscheidungen gefällt, sagte ein Berliner Diplomat. Der niederländische Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem und EZB-Präsident Mario Draghi würden den Staats- und Regierungschefs heute einen Lagebericht geben. In Brüssel werde es voraussichtlich auch zu einem ersten "Gesprächskontakt" zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und dem griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras kommen. Tsipras erhöhte nochmals den Druck auf die Euro-Partner. Er habe mit dem chinesischen Kollegen Li Keqiang gesprochen, weil Griechenland und China ihre Kooperation ausbauen wollten, hieß es. Zuvor hatte es gedroht, es könne sich Geld von Russland oder China borgen.

(mar)
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