Afghanistan Gewalttätige Proteste: UN-Personal in Kabul verschanzt sich

Kabul (rpo). Durch einen tödlichen Verkehrsunfall ausgelöste anti-amerikanische Proteste erschüttern seit dem Montagmorgen die afghanische Hauptstadt Kabul. Rund tausend aufgebrachte Demonstranten versuchten, in das Botschaftsviertel vorzudringen. Aus Angst vor den Protesten verschanzte sich das Uno-Personal.

Anti-amerikanische Proteste in Kabul
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Foto: AFP

Die Demonstranten versammelten sich vor der britischen Botschaft, wie ein AFP-Reporter berichtete. Soldaten blockierten die Zufahrtsstraßen zu dem Viertel und hielten die Menge zurück. Die Uno beorderte ihr Personal in Kabul in Bunker oder sichere Gebiete und erklärte die Innenstadt zur verbotenen Zone. Im Botschaftsviertel Wasir Akbar Chan liegen die meisten ausländischen Botschaften und die Büros internationaler Organisationen.

Ausgelöst hatte die anti-amerikanischen Proteste ein Verkehrsunfall in der afghanischen Hauptstadt Kabul, bei dem nach Augenzeugenberichten ein US-Konvoi aus drei Geländewagen auf einen Stau auffuhr. Mindestens drei Menschen wurden getötet und 16 verwundet, wie Polizeisprecher Scher Schah Usafi mitteilte. "Der amerikanische Konvoi hat alle Fahrzeuge in seinem Weg gerammt. Sie kümmerten sich überhaupt nicht um die Zivilisten", sagte der Ladenbesitzer Mohammad Wali.

Nach dem Unfall zogen Hunderte aufgebrachte Afghanen zum Palast von Präsident Hamid Karsai und skandierten: "Tod Karsai! Tod Amerika!". Läden und Häuser wurden geplündert, aus Richtung der amerikanischen Botschaft waren Schüsse zu hören. Hunderte Soldaten bezogen um die Hauptstadt Stellung.

"Nieder mit Amerika"

Amerikanische und afghanische Truppen schossen nach Polizeiangaben im Anschluss auf Demonstranten, die "Nieder mit Amerika" skandierten und Steine warfen. Ein Demonstrant sei von US-Soldaten erschossen worden, erklärte Usafi. Ein weiterer Polizist bestätigte, die Amerikaner hätten auf Demonstranten geschossen. Die US-Streitkräfte bestätigten, dass amerikanische Soldaten in den Unfall verwickelt gewesen seien. Doch gebe es zunächst keine Hinweise, dass diese auf Demonstranten geschossen hätten. Es werde weiter ermittelt.

Bilder der Fernsehnachrichtenagentur APTN zeigten hunderte junger Männer, die Steine in Richtung von US-Militärfahrzeugen schleuderten, ein auf einem Geländewagen montiertes Maschinengewehr feuerte in die Luft. Ein AP-Reporter beobachtete, dass zehn afghanische Soldaten Schüsse abgaben, die US-Soldaten waren zu dem Zeitpunkt bereits abgezogen.

Mehrere Demonstranten zogen den Angaben zufolge einen Mann aus einem Wagen und schlugen ihn. Ihr Opfer konnte sich bei Polizisten in Sicherheit bringen, die in die Luft schossen. Die US-Botschaft konnte zunächst nichts über Maschinengewehrschüsse in der Nähe der diplomatischen Vertretung sagen, das Botschaftspersonal wurde an einem sicheren Platz innerhalb des stark gesicherten Gebäudes zusammengezogen, wie ein Sprecher mitteilte.

Zwei Panzer der NATO-Truppen durchfuhren die Stadt mit hohem Tempo. Demonstranten steckten Polizeiautos in Brand. Unbestätigten Berichten zufolge wurden auch bei einem Hotel in der Innenstadt Scheiben eingeworfen, das bei Ausländern beliebt ist.

Vermutlich mehr als 50 Taliban bei Luftangriff getötet

Die US-geführten Streitkräfte in Afghanistan haben einen Luftangriff auf eine Versammlung der radikalislamischen Taliban im Süden des Landes bestätigt. Afghanische Truppen und Soldaten der US-geführten Koalition seien am Morgen von mutmaßlichen Rebellen angegriffen worden, daraufhin habe die Koalition eine Bombe auf das Taliban-Gelände in der Nähe von Kadschaki in der Provinz Helmand abgeworfen, sagte ein Armeesprecher am Montag. Die Rebellen seien bei einer Versammlung in einer Moschee von den Koalitionstruppen ausgemacht worden, sagte der Vizegouverneur der Provinz, Amir Mohammed Achundsada. Der US-Armeesprecher bezeichnete die von Achundsada genannte Zahl von 50 Toten als "nicht unglaubwürdig".

Bei einem Schusswechsel zwischen Koalitionstruppen und Aufständischen wurden am Montag in der Provinz Kandahar ein Taliban-Kämpfer getötet und fünf kanadische Soldaten verletzt, wie die kanadische Armee mitteilte. Es wurde vermutet, dass noch mindestens fünf weitere Taliban bei den Kämpfen getötet wurden. Kandahar ist eine Hochburg der im Jahr 2001 nach dem US-geführten Einmarsch in Afghanistan gestürzten Taliban. Kanada hat in der Provinz rund 2300 Soldaten stationiert; seit 2001 starben in Afghanistan 16 kanadische Soldaten und ein Diplomat.

(ap)
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