Ministerpräsident nicht mehr unter Hausarrest Gespannte Ruhe in Guinea Bissau

Bissau (RPO). Nach der Meuterei eines Teils der Armee in Guinea Bissau ist in dem westafrikanischen Land eine gespannte Ruhe eingekehrt. Die Meuterer hielten am Freitag Generalstabschef José Zamora Induta und rund 40 weitere Offiziere fest, wiesen aber Berichte über einen "Putsch" zurück. Regierungschef Carlos Gomes junior ist Berichten zufolge wieder auf freiem Fuß.

Der Ministerpräsident sei aus dem Hausarrest entlassen worden, sagte ein Regierungssprecher am Freitag. Die Soldaten hätten Gomes' Residenz verlassen. Meuternde Soldaten hatten am Donnerstag den Sitz des Regierungschefs umstellt und Gomes vorübergehend auf einen Militärstützpunkt gebracht. Die internationale Gemeinschaft rief die Soldaten auf, sich an die demokratischen Regeln zu halten.

Die Hintergründe des Aufstands waren am Freitagmorgen weiter unklar. Generalstabschef Induta und seine Anhänger wurden nach Augenzeugenberichten auf einer Luftwaffenbasis nahe des Flughafens der Hauptstadt Bissau festgehalten. Ministerpräsident Gomes verbrachte die Nacht demnach unter Hausarrest in seinem Haus, nachdem er UN-Angaben zufolge am Donnerstag nach seiner Festsetzung kurzzeitig freigekommen war. Der bisherige Vize-Generalstabschef Antonio Indjai, der sich an die Spitze der Meuterei setzte, sagte der Nachrichtenagentur AFP am Telefon, er wolle gegen den Regierungschef wegen dessen "Verbrechen" einen Prozess anstrengen.

In einer am Donnerstagabend im Radio verlesenen Erklärung wies der General jedoch zurück, dass es sich bei der Aktion um einen Putschversuch handele. Die Vorfälle seien eine "rein militärische Angelegenheit". Die Armee sei der politischen Führung des Landes weiter ergeben, erklärte er. Präsident Malam Bacai Sanha bestätigte Indjais Erklärung: "Es gibt keine Probleme", sagte der Staatschef nach Angaben des portugiesischen Radiosenders Antena 1. Im Laufe des Tages habe es lediglich eine "Konfusion zwischen Militärs" gegeben, die bis in die Regierung gereicht habe. Die Lage sei wieder "ruhig".

UNO, die EU und die Afrikanische Union reagierten besorgt

In der Hauptstadt herrschte in der Nacht eine angespannte Atmosphäre. Eine Kundgebung von hunderten Anhänger des Regierungschefs löste sich nach und nach auf, nachdem General Indjai mit dessen Ermordung gedroht hatte, sollten sich die "Zusammenrottungen" fortsetzen. Die Straßen waren menschenleer, viele Einwohner trauten sich aus Angst vor Gewalt nicht vor die Tür.

Die UNO, die EU und die Afrikanische Union reagierten "besorgt" auf den Soldatenaufstand, der französische Außenminister Bernard Kouchner sprach von einem "Staatsstreich". Das US-Außenministerium verlangte die sofortige Rückkehr zur verfassungsmäßigen Ordnung. Derzeit sei die Situation "sehr komplex", sagte ein Sprecher in Washington. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon rief die Führung des westafrikanischen Landes auf, die "Differenzen auf friedlichem Wege beizulegen". EU-Außenministerin Catherine Ashton verurteilte die "inakzeptable Verletzung der verfassungsmäßigen Ordnung".

Die frühere portugiesische Kolonie Guinea-Bissau ist politisch instabil und war in den vergangenen Jahren wiederholt Schauplatz von Kämpfen, Staatsstreichen und politischen Morden. Im März 2009 erschossen Soldaten den damaligen Staatschef João Bernardo Vieira - vermutlich als Racheakt für einen Bombenanschlag auf den damaligen Generalstabschef Tagmé Na Waié. Gomes war bereits unter Vieira Ministerpräsident. Die UNO sieht in Guinea-Bissau eines der wichtigsten Transitländer für den Drogenhandel von Südamerika nach Europa. In die Drogengeschäfte sind auch weite Teile der Armee verwickelt.

(AFP/awei)
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