Wahlen in Großbritannien Gespaltenes Königreich
Meinung | Düsseldorf · Der überraschende Wahlerfolg von David Cameron und seinen Konservativen birgt erhebliche Risiken für das Empire. Das Vereinigte Königreich ist gespalten, und die Regierungspartei will weniger Europa. Eine heikle Mission für Cameron.
Die gute Nachricht aus London: die euroskeptische Ukip spielt keine Rolle mehr. Die schlechte Nachricht: die euroskeptischen Konservativen haben gewonnen.
Im Ernst: David Camerons Überraschungserfolg dürfte zu einem Gutteil auch seiner EU-kritischen Rhetorik in den vergangenen Monaten geschuldet sein. Damit hat der Premier bei seinen Anhängern Erwartungen geweckt, die er eigentlich gar nicht erfüllen will. David Cameron will sein Land in der EU halten. Nur sehen das eine Reihe von Parteifreunden völlig anders, und Cameron hat nur eine Mini-Mehrheit im Parlament.
Völlig offen ist zudem, ob das britische Volk beim anstehenden Referendum für die EU votieren wird. Nicht nur die Konservativen, auch das Land ist gespalten in EU-Befürworter und Nationalisten. Mal ganz abgesehen von den separatistischen Bewegungen in Schottland, die bei der Wahl durch den Erfolg der Schottischen Nationalpartei gestärkt wurden. Das Vereinigte Königreich ist politisch zersplittert.
Das Risiko einer weiteren Entfremdung von Europa und der EU ist somit amtlich. Dabei wäre eine EU ohne Großbritannien vor allem für das Empire fatal. Großbritannien würde sich in seiner wirtschaftlichen und internationalen Bedeutung selbst schwächen. Der Finanzplatz London wäre marginalisiert. Auch die "Sonder"-Beziehung zu den USA würde unter dem Inselstatus in Europa leiden. Und: Die EU wird sich nicht zurückentwickeln und bestehende Verträge verändern, nur weil London es will. Diese Hoffnungen sollte sich keiner machen.
Die Mission von David Cameron ist daher historisch: Er muss das Königreich wieder einen und zugleich wieder nach Europa führen. Er könnte dabei auf die britische Ikone Winston Churchill zurückgreifen, der in einer Rede 1946 die "Vereinigten Staaten von Europa" gefordert hatte. Mit Großbritannien als Kernmitglied.