Nach gescheitertem Referendum Italiens Ministerpräsident Renzi tritt zurück

Rom · Nach der Ablehnung seiner Verfassungsreform durch die Italiener hat Regierungschef Matteo Renzi seinen Rücktritt angekündigt. Die Opposition fordert sofortige Neuwahlen.

 Matteo Renzi gibt auf einer Pressekonferenz seinen Rücktritt bekannt.

Matteo Renzi gibt auf einer Pressekonferenz seinen Rücktritt bekannt.

Foto: ap

"Meine Regierung endet hier", sagte der sichtlich niedergeschlagene Renzi in der Nacht zum Montag. Die Italiener hatten die von ihm vorangetriebene Verfassungsreform zuvor mit knapp 60 Prozent der Stimmen abgelehnt. Die drittgrößte Volkswirtschaft der Eurozone steht damit vor einer ungewissen politischen Zukunft.

Renzi will noch am Montagnachmittag bei Staatschef Sergio Mattarella seine Demission einreichen. Im Vorfeld hatte Renzi das Referendum auch zu einer Abstimmung über seine Regierung gemacht. Ob der 41-Jährige, der Italien rund tausend Tage regierte, nun auch den Vorsitz der Demokratischen Partei (DP) abgibt, blieb zunächst unklar.

Es wird damit gerechnet, dass Staatschef Mattarella nach Renzis Rücktritt eine Übergangsregierung einsetzt, die ein neues Wahlrecht ausarbeitet und das Land bis zur im Frühjahr 2018 geplanten Parlamentswahl führt. Als Favorit für den Posten des Regierungschefs wird Finanzminister Pier Carlo Padoan gehandelt. Als unwahrscheinlich gilt, dass Mattarella vorgezogene Neuwahlen ansetzt, wie es die Opposition fordert. Diese sind derzeit kaum möglich, weil zunächst das Wahlgesetz reformiert werden muss.

Italien könne es sich nicht erlauben, vor Neuwahlen monatelang über ein neues Wahlrecht zu diskutieren, erklärte am Montag dagegen der Chef der rechtspopulistischen Lega Nord, Matteo Salvini. Die Protestbewegung Fünf Sterne (M5S) des Populisten Beppe Grillo forderte ebenfalls, die Italiener sollten nun "so schnell wie möglich" wählen. Die Fünf-Sterne-Bewegung könnte bei Neuwahlen stärkste Kraft werden. Sie will ein Referendum über die Euro-Zugehörigkeit Italiens abhalten lassen.

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) äußerte sich besorgt über den Ausgang des Referendums. Die Ablehnung der Reform sei "ganz sicher kein positiver Beitrag in einer der schwierigsten europäischen Zeiten", sagte Steinmeier. Renzi habe mit der Reform "das Richtige und das Notwendige getan, aber er ist dafür von den Wählern nicht belohnt worden". Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) äußerte sich bedauernd über Renzis Rücktrittsankündigung.

Die Chefin der rechtsextremen französischen Front National, Marine Le Pen, gratulierte der Lega Nord und den Italienern dagegen per Twitter zu ihrem "schönen Sieg". Der britische Euroskeptiker und Vorkämpfer der Brexit-Kampagne, Nigel Farage, erklärte das Referendum zu einer Abstimmung über den Euro-Ausstieg.

Kern der beim Referendum abgelehnten Verfassungsreform war es, die Zuständigkeiten der zweiten Parlamentskammer, des Senats, stark zu beschränken, um die Gesetzgebung zu beschleunigen und zu vereinfachen. Bisher sind Abgeordnetenhaus und Senat gleichberechtigt und blockieren sich oft gegenseitig. Ziel der Reform war es, die häufigen Regierungswechsel in Italien und die langwierigen Prozesse im Gesetzgebungsverfahren zu beenden.

(crwo/afp)
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