Türke klagt erfolgreich in Straßburg Gericht erlaubt Leugnung von Völkermord an Armeniern

Straßburg · Das Leugnen des Völkermords an den Armeniern ist nach Ermessen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte kein Verbrechen. Die Verurteilung eines Türken durch ein Schweizer Gericht wegen eben jenes Vorwurfs verstoße gegen das Grundrecht auf Meinungsfreiheit, rügten die Straßburger Richter am Dienstag. Das Recht, "offen über sensible Themen" zu debattieren, sei ein wesentlicher Aspekt der Meinungsfreiheit.

Der Kläger - der Vorsitzende einer kleinen türkischen Linkspartei - hatte 2005 bei drei Konferenzen in der Schweiz den Völkermord an den Armeniern zu Anfang des 20. Jahrhunderts als "internationale Lüge" bezeichnet. Dafür wurde er zwei Jahre später in Lausanne zu einer Geldstrafe verurteilt. Die Schweizer Justiz warf ihm vor, er habe den Völkermord aus "rassistischen Gründen" geleugnet.

Der Straßburger Gerichtshof argumentierte hingegen, der Begriff "Völkermord" sei im Falle der Armenier umstritten. Der türkische Politiker habe zudem Massakrierung und Vertreibung von hunderttausenden Armeniern durch das Osmanische Reich im Jahre 1915 nicht bestritten. Nach armenischer Darstellung wurden damals 1,5 Millionen Landsleute systematisch umgebracht, die Türkei spricht offiziell von 500.000 Opfern durch Kämpfe und Hungertod.

Dieser Fall müsse klar von jenen unterschieden werden, bei denen es um das Leugnen des Holocausts gehe, heißt es in dem Urteil weiter. Die von Nazi-Deutschland begangenen Verbrechen seien historisch verbürgt und im übrigen von einem internationalen Gericht, dem Nürnberger Kriegsverbrechertribunal, festgestellt worden.

Das Urteil vom Dienstag fällte eine kleine Kammer des Straßburger Gerichts. Die Schweiz kann binnen drei Monaten Rechtsmittel dagegen einlegen. Der Gerichtshof könnte den Fall dann an die Große Kammer mit 17 Richtern verweisen, die weitere Untersuchung aber auch ablehnen.

(AFP)
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