Zweite Amtszeit George W. Bush spaltet die Nation

Washington (rpo). Bei seinem Amtsantritt vor vier Jahren hat George W. Bush die Einheit der Nation beschworen. Es galt damals, die in einem erbitterten Wahlstreit gerissenen Wunden zu heilen. Auch zu Beginn seiner zweiten Amtszeit am Donnerstag steht der 43. Präsident der Vereinigten Staaten an der Spitze einer gespaltenen Nation. Diesmal ist es vor allem der Irak-Krieg, der das Land in der Meinung über seinen Präsidenten spaltet.

Bush-Kabinett: Team der treuen Gefolgsleute
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Nach einer Umfrage der Nachrichtenagentur AP startet Bush mit der niedrigsten Zustimmungsrate eines wiedergewählten Präsidenten seit mehr als 50 Jahren in seine letzte Amtszeit. Demnach sind zwei Monate nach seinem Wahlsieg über John Kerry nur 49 Prozent der Amerikaner mit seiner Leistung zufrieden. Ebenfalls 49 Prozent äußerten sind laut der vom Meinungsforschungsinstitut Ipsos in der ersten Januarwoche vorgenommenen Erhebung negativ über die Arbeit des Präsidenten.

Der Riss verläuft entlang der Parteigrenzen. Während die republikanischen Parteigänger mit überwältigender Mehrheit hinter ihrem Präsidenten stehen, lehnen die Angänger der Demokraten Bush mit ebenso großer Mehrheit ab. In etwa geteilt ist die Meinung der Amerikaner hinsichtlich Bushs Leistungen in der Wirtschafts- und Außenpolitik sowie im Kampf gegen den Terrorismus. Dagegen stößt die Irak-Politik des Präsidenten inzwischen bei 54 Prozent der Amerikaner auf Ablehnung, nur 44 Prozent sind mit dem Kurs der Regierung einverstanden.

Die größte innenpolitische Herausforderung für Bush ist die Reform der Sozialversicherung. Hier will der Präsident handeln. Das machte er schon am Samstag in seiner wöchentlichen Radioansprache deutlich. Bush malte ein düsteres Bild des sozialen Sicherungssystems in den USA. Nach seinen Worten steht es vor dem Bankrott. "Wenn wir jetzt nicht handeln, bleiben der Regierung nur zwei Möglichkeiten: Dramatische Kürzungen bei den Auszahlungen oder massive Steuererhöhungen", sagte er am Samstag.

Mit der deutlichen Warnung will sich Bush die Unterstützung für sein Vorhaben sichern, Arbeitern und Angestellten einen Teil ihrer Sozialabgaben für den Aufbau privater Absicherungen zu überlassen. Die Demokraten werfen ihm Panikmache vor. Dahinter stecke Bushs Versuch, den Sozialstaat weiter abzubauen, lautet ihre Kritik. Sozialexperten zufolge würde das Sozialversicherungssystem der USA 2018 mehr auszahlen als einnehmen. Sollten keine Korrekturen vorgenommen werden, könnte das System im Jahr 2042 nur noch 73 Prozent der Ansprüche begleichen.

Irak wird Bushs zweite Amtszeit beherrschen

Das beherrschende Thema von Bushs zweiter Amtszeit dürfte jedoch der Irak-Krieg sein, wie Politikexperten vermuten. "Der Irak ist das Projekt von George W. Bush", sagte Michael O'Hanlon von der Brookings Institution nach dessen Wiederwahl im November. "Und das wird so bleiben." Von den Verbündeten aus Europa oder anderen Kontinenten sei wenig Hilfe zu erwarten. Deswegen, so der Militärexperte, werde Bush bald offen über eine Abzugsstrategie sprechen.

Schon in seiner Siegesrede nach der Wahlnacht stellte Bush seinen Landsleuten in Aussicht, die eigenen Soldaten nach Hause zu holen: "Wir helfen den entstehenden Demokratien im Irak und in Afghanistan, damit sie stärker werden und ihre Freiheit selbst verteidigen können. Dann werden unsere Soldatinnen und Soldaten mit der Ehre, die sie sich verdient haben, zurückkommen." Während des Wahlkampfs beteuerte Bush stets, er werde im Falle einer zweiten Amtszeit seinen Irak-Kurs beibehalten. Die Zahl der US-Truppen an Euphrat und Tigris liegt wie vor einem Jahr bei rund 142.000.

Der Chance auf ein Ende des Militärengagements stehen zwei Probleme im Weg, die Bush im März 2003 nicht voraussah. Der hartnäckige, kaltblütige Widerstand im Land und die permanenten Rückschläge beim Aufbau irakischer Sicherheitskräfte. Und beide Probleme können nicht allein mit militärischer Stärke gelöst werden, wie Generalmajor Barbara Fast sagt, die in einer früheren Kriegsphase Geheimdienstchefin der Streitkräfte war.

Um den Streitkräften zu helfen, seien mehr wirtschaftliche und politische Anstrengungen nötig. Bush gerät auch unter Druck, weil er nach wie vor weit weniger internationale Unterstützung bekommt als eingefordert. Und an der Haltung Frankreichs oder Deutschlands wird sich vermutlich in den kommenden Jahren nichts ändern.

Treffen Bush-Schröder in Mainz

Allerdings scheint Bush bemüht, bei den europäischen Verbündeten neues Vertrauen zu gewinnen. Darauf deutet der für Ende Februar geplante Europa-Besuch des Präsidenten hin, immerhin die erste Auslandsreise Bushs nach der neuerlichen Amtseinführung. Bundeskanzler Gerhard Schröder wird mit Bush am 23. Februar in Mainz zusammentreffen. Eines der zentralen Themen soll nach Angaben der Bundesregierung die Bekämpfung des internationalen Terrorismus sein. Darüber hinaus soll über den Irak, Afghanistan, den Nahen Osten und die Katastrophengebiete in Asien gesprochen werden.

Bush will im Rahmen seines Europa-Besuchs auch mit Vertretern der NATO und der Europäischen Union in Brüssel sprechen. Außerdem wird er in der slowakischen Hauptstadt Bratislava mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin zusammentreffen.

(ap)
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