Immobilien-Deals Geheime Geschäfte setzen Polens starken Mann unter Druck

Warschau · Jaroslaw Kaczynski pflegt das Image des unbedarften Saubermanns. Doch hinter dieser Fassade verhandelte er über millionenschwere Immobilien-Deals.

 Der Chef der in Warschau regierenden PiS-Partei, Jaroslaw Kaczynski, soll versucht haben, sein politisches Umfeld über Immobiliengeschäfte zu finanzieren.

Der Chef der in Warschau regierenden PiS-Partei, Jaroslaw Kaczynski, soll versucht haben, sein politisches Umfeld über Immobiliengeschäfte zu finanzieren.

Foto: AP/Czarek Sokolowski

(ap) Jaroslaw Kaczynski ist Polens mächtigster Politiker. Sein Ansehen beruht auf dem Ruf, ein ehrlicher Mann mit anti-kommunistischen Überzeugungen zu sein. Doch nun gibt es Enthüllungen über seine Verstrickung in undurchsichtige Geschäfte und über Vertraute mit kommunistischen Verbindungen in seinem engsten Umfeld. Im Vorfeld von zwei wichtigen Wahlen – zum Europäischen Parlament im Mai und zum nationalen Parlament im Herbst – steht für den Vorsitzenden der Regierungspartei PiS viel auf dem Spiel.

Für den größten Skandal seit Jahren sorgte die linksliberale Tageszeitung „Gazeta Wyborcza“ mit der Veröffentlichung geheimer Mitschnitte von Verhandlungen zwischen Kaczynski und dem österreichischen Bauunternehmer Gerald Birgfellner. Darin ging es um den Bau von zwei Hochhaustürmen in Warschau auf dem Grundstück einer Stifung, bei der Kaczynski im Aufsichtsrat sitzt: Das Lech-Kaczynski-Institut ist nach Kaczynskis Zwillingsbruder und ehemaligem polnischen Präsidenten benannt, der 2010 bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kam. Die Pläne wurden jedoch aufgegeben, und Birgfellner kritisiert, er sei für seine Planungsarbeiten nicht bezahlt worden.

Als Reaktion auf die Enthüllungen betonte Kaczynski, die geplanten Zwillingstürme sollten im Einklang mit dem Gesetz Gewinn erzielen und die Stiftung finanzieren. Kommentatoren zufolge sollten sie aber auch Kaczynskis politisches Umfeld und seine Partei finanzieren.

Das ist pikant, weil das polnische Recht politischen Parteien Geschäfte zur Gewinnerzielung verbietet. Sie stellen auch Kaczynskis Image des frommen, integren Saubermanns infrage. Plötzlich steht der 69-Jährige als gewiefter Verhandlungsführer da. Bisher gab er sich gern als unbedarfter Junggeselle mit einem Herz für streunende Katzen, der bis vor kurzem noch nicht mal ein Bankkonto gehabt haben soll und bekannt ist für den Satz: „In die Politik geht man nicht fürs Geld.“

Die „Gazeta Wyborcza“ zitierte aus dem Material, das Birgfellner der Staatsanwaltschaft übergeben haben soll. Demnach soll Kaczynski dem Bauunternehmer geraten haben, einem Mitglied des Stiftungsrates für die Erlaubnis zum Baubeginn 100.000 Zloty (23.000 Euro) zu übergeben. Die Zeitung zitiert Birgfellner mit den Worten, er habe einen Umschlag mit der Hälfte des Geldes in Kaczynskis Büro gebracht und gesehen, wie dieser ihn in der Hand hatte.

Regierungsmitglied Jacek Sasin nannte die Enthüllungen „Fake News“, die darauf abzielten, „einen ehrlichen Politiker wie Jaroslaw Kaczynski zur Strecke zu bringen“. Doch Oppositionsparteien verlangten eine Untersuchung der Vorwürfe durch Ermittler und das Zentrale Antikorruptionsbüro, das 2006 eingesetzt wurde, als Kaczynski selbst Ministerpräsident war. „Die Partei, die der Maßstab für Ethik in der Politik sein wollte, mischt Geschäft und Politik wie keine andere“, kommentierte Boguslaw Chrabota, Chefredakteur der Tageszeitung „Rzeczpospolita“. Der jüngste Skandal führe zu einer schweren Imagekrise, weil er „das Herz und Hirn der Partei“ treffe. Er bezog sich damit auf Kaczynski, der als mächtigster Mann des Landes und heimlicher Regierungschef gilt, obwohl er formal nur Abgeordneter ist.

Kaczynski sagte das Projekt bei Birgfellner 2018 mit der Begründung ab, es könnte sich bei den bevorstehenden Wahlen als Belastung erweisen: Die Leute könnten ihn als „sehr reichen Mann sehen – das können wir nicht zulassen“. Zudem wird deutlich, dass Kaczynski dem Bauunternehmer die Kosten für rund 14 Monate Planungsarbeiten schuldig bleiben wollte.

Birgfellner, Schwiegersohn von Kaczynskis Cousin, nahm die Gespräche in Kaczynskis streng bewachtem Büro heimlich auf. Er forderte die Zahlung von Millionen Zloty – Kaczynski entgegnete, dafür müsse Birgfellner detaillierte Rechnungen vorlegen oder einen Gerichtsbeschluss erwirken. Der Entwickler fühlte sich betrogen und informierte die Staatsanwaltschaft.

In einem Interview für die regierungsnahe Wochenzeitung „Sieci“ betonte Kaczynski, ihm sei nichts vorzuwerfen. Es sei rechtens, als Abgeordneter und Parteivorsitzender in einem Stiftungsrat zu sitzen und Verhandlungen zu führen, sagte er. Zudem gebe es keinerlei finanzielle Beziehungen zwischen der Partei und der Stiftung.

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