Krise in Nahost Palästinenser schlagen Waffenruhe und Verhandlungen vor

Kairo · Nach zweiwöchigen Kämpfen zwischen Israel und den radikal-islamischen Machthabern im Gazastreifen hat die Palästinenserführung nach eigenen Angaben einen Plan für eine Waffenruhe vorgelegt.

Die Akteure und Vermittler im Nahost-Konflikt
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Foto: afp, AM/jh

Der an die als Vermittler tätige ägyptische Regierung unterbreitete Vorschlag sehe eine Waffenruhe und unmittelbar anschließend eine fünftägige Verhandlungsphase vor, erklärte ein Vertreter der Fatah-Organisation von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas am Dienstag in Kairo. Der Vorschlag bewege sich im Rahmen der bisherigen ägyptischen Friedensinitiative. Bislang hatte die Hamas alle Vorschläge Ägyptens für eine Waffenruhe abgelehnt, während Israel ihnen zugestimmt hatte. Hams und Fatah bilden seit kurzem eine Einheitsregierung.

Unterdessen hat die israelische Luftwaffe bei einer neuen Serie von Angriffen im Gazastreifen am Dienstagnachmittag sechs Palästinenser getötet. Wie die palästinensischen Rettungsdienste mitteilten, galten die Angriffe den Flüchtlingslagern Al-Bureidsch und Al-Magasi im Zentrum des Gazastreifens sowie einem Ziel in Rafah im Süden. Damit stieg die Gesamtzahl der getöteten Palästinenser seit Beginn der israelischen Militäroffensive am 8. Juli auf mehr als 600.

Die große Mehrheit der palästinensischen Toten und der über 3600 Verletzten sind nach Angaben der UNO und der Sanitätsdienste Zivilisten, darunter viele Frauen und Kinder. Auf israelischer Seite starben durch Angriffe militanter Palästinenser 27 Soldaten und zwei Zivilisten. Das Unterhaus des Parlaments im Nachbarland Jordanien verabschiedete unterdessen eine Erklärung, in der Israel wegen seiner "brutalen und rassistischen Aggression" im Gazastreifen verurteilt wird. In der Erklärung ist von einer "grauenhaften Massentötung" durch Israel die Rede.

Unter den mehr als 600 Toten ist auch eine siebenköpfige deutsch-palästinensische Familie. Der 53 Jahre alte Familienvater hatte in den 1990er Jahren in Nordrhein-Westfalen und Hessen gelebt. Die Krisendiplomatie lief angesichts der dramatischen Lage auf Hochtouren. US-Außenminister John Kerry und UN-Generalsekretär Ban Ki Moon riefen in der Region zu einem sofortigen Ende der Gewalt auf.

Kerry appellierte am Dienstag in Kairo insbesondere an die radikal-islamische Hamas, einer Feuerpause mit Israel zuzustimmen. "Die Hamas muss eine grundlegende Entscheidung treffen, die eine erhebliche Auswirkung auf die Menschen in Gaza hat", sagte Kerry nach einem Treffen mit seinem ägyptischen Kollegen Samih Schukri.

Bei der getöteten deutsch-palästinensische Familie handelt es sich nach palästinensischen Angaben um den 53-jährigen Ibrahim al-Kilani, seine 47 Jahre alte Frau Taghrid und fünf Kinder im Alter von 4 bis 12 Jahren. Die Familie sei am Montagabend bei einem Luftangriff auf ein Gebäude in der Stadt Gaza getötet worden. Eine Sprecherin des Auswärtigen Amts sagte in Berlin: "Wir müssen aufgrund mehrfacher Hinweise davon ausgehen, dass es sich bei den Toten um diese Familie handelt."

Im Fall eines israelischen Soldaten, der angeblich in der Hand der Hamas ist, soll Israel Deutschland um Hilfe gebeten haben. Nach Informationen des arabischen Senders Al-Arabija geht es dabei möglicherweise um Vermittlungsbemühungen. Der israelische Soldat, der an der Bodenoffensive beteiligt war, könnte demnach tot oder lebendig in den Händen der militanten Palästinenser sein. Eine Bestätigung Israels dafür gab es zunächst nicht.

Die humanitäre Krise in Gaza werde von Tag zu Tag schlimmer, sagte Kerry. "Wir haben zu viel Blutvergießen auf allen Seiten gesehen." Nach einer Waffenruhe müsse in ernsthaften Verhandlungen über alle Anliegen gesprochen werden, "die uns dorthin gebracht haben, wo wir heute sind". Die USA geben 47 Millionen Dollar (34,7 Millionen Euro) für humanitäre Hilfe im Gazastreifen.

UN-Generalsekretär Ban sagte mit Blick auf die vielen Toten: "Gaza ist eine offene Wunde, ein Heftpflaster hilft da nicht." An die Konfliktparteien appellierte er: "Beenden Sie das Kämpfen, beginnen Sie miteinander zu sprechen!"

(REU/AFP)
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