Präsident zollt Griechen Respekt für Reformkurs Gauck lehnt Athens Forderung nach Reparationen ab
Athen · Beim Griechenland-Besuch von Bundespräsident Joachim Gauck sind gegensätzliche Ansichten in der Frage deutscher Kriegsreparationen offen zutage getreten. "Der Rechtsweg dazu ist abgeschlossen", sagte Gauck in Athen.
Der griechische Präsident Karolos Papoulias forderte am Donnerstag nach einem Treffen mit Gauck in Athen die rasche Aufnahme von Verhandlungen über Entschädigungen für die deutsche Besatzung im Zweiten Weltkrieg. Gauck verwies auf die Haltung der Bundesregierung, wonach es für Reparationen keine rechtliche Grundlage gebe.
Papoulias erinnerte nach seinem Gespräch mit Gauck daran, dass Griechenland die Forderungen nach Entschädigungen nie aufgegeben habe. "Wichtig ist, dass diese Frage gelöst wird mit der Aufnahme von Verhandlungen so schnell es geht", fügte er hinzu. Auch Oppositionsführer Alexis Tsipras vom linken Parteienbündnis Syriza erhob bei einem Treffen mit Gauck die Forderung nach Reparationen.
"Der Rechtsweg dazu ist abgeschlossen"
Gauck wies dieses Anliegen bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit Papoulias zurück: "Sie wissen, dass ich darauf nur so antworten kann, dass ich meine, der Rechtsweg dazu ist abgeschlossen." Dies sei auch die offizielle Haltung der Bundesregierung, der er nicht widersprechen wolle.
Deutschland sei aber bereit, die moralische Schuld anzuerkennen und tatkräftig Hilfe zu leisten. Gauck verwies auf die Pläne für einen deutsch-griechischen Zukunftsfonds und für die Errichtung eines deutsch-griechischen Jugendwerks, das "Brücken des Verständnisses" bauen solle.
Die deutschen Besatzer hatten Griechenland 1942 zu einer zinsfreien Zwangsanleihe von 476 Millionen Reichsmark an Deutschland genötigt. In Griechenland wird zudem lebhaft darüber debattiert, ob Deutschland Reparationen für die Schäden der Besatzungszeit zahlen müsse. Die Athener Regierung gab dazu im letzten Jahr ein Gutachten in Auftrag. Griechischen Medienberichten zufolge kommt das Gutachten zu dem Ergebnis, dass sich die Forderungen an Deutschland mit Zinsen auf bis zu 162 Milliarden Euro summieren könnten.
Gauck zollt Repekt
Seinem Gastgeber Papoulias zollte Gauck persönlichen Respekt. Der heute 84-Jährige habe in seiner Jugend während der deutschen Besatzungszeit als Partisan "gegen das böse Deutschland" gekämpft. In Anbetracht dieser Vorgeschichte sei es im wichtig zu betonen, "wie sehr ich ein Deutschland vertrete, das so grundsätzlich anders ist als das Deutschland, das Sie als junger Mensch bekämpften".
In einer Rede zur Europapolitik bekräftigte Gauck am Nachmittag seine Unterstützung für den griechischen Reformkurs. es sei ihm wichtig zu betonen, "dass die schmerzhaften Reformen nicht erfolgen, um Forderungen Europas oder gar Deutschlands zu erfüllen", sagte Gauck. Es gehe darum, Griechenland "den Weg in eine bessere Zukunft zu bereiten".
Dass die Währungsunion ohne ausreichende Gemeinsamkeit in der Finanzpolitik begründet wurde, sei ein "schwerwiegender Fehler" gewesen, sagte Gauck. Es bedrücke ihn sehr, "wie diejenigen unter der Krise am stärksten leiden, die diese Krise keineswegs verursacht haben". Die ersten Erfolge des Reformkurses zeichneten sich aber bereits ab.
Die Schuldenkrise hat in Griechenland zu Massenarbeitslosigkeit, Sozialabbau und einer tiefen Rezession geführt. Viele Griechen machen dafür auch die strengen Reformauflagen der internationalen Geldgeber verantwortlich. Erstmals seit Beginn der Rezession erwartet Griechenland in diesem Jahr wieder ein leichtes Wirtschaftswachstum.
Am Rande von Gaucks Besuch in Athen kam es zu Zusammenstößen zwischen linksgerichteten Demonstranten und der Polizei. Die Sicherheitskräfte setzten Tränengas ein, um die mehreren hundert Kundgebungsteilnehmer am betreten des Platzes vor dem Parlament zu hindern, berichtete ein AFP-Fotograf. Der Platz war aus Sicherheitsgründen gesperrt, weil Gauck in einem Hotel in unmittelbarer Nähe abgestiegen war.
Die Demonstration richtete sich gegen die frappierende Arbeitslosigkeit in der griechischen Baubranche. "Wir fordern Hilfen für die Arbeitslosen", hieß es auf einem Spruchband. Gaucks Besuch wurde durch die Kundgebung nicht beeinträchtigt.