G20-Gipfel in Indonesien Biden und Xi auf Bali – Dialog ist das Ziel

Peking/Bali · Das erste persönliche Treffen von Chinas Staatschef Xi Jinping und US-Präsident Joe Biden verlief freundlicher als erwartet. Beide sind offenbar gewillt, die desaströsen Beziehungen zu verbessern.

Joe Biden trifft Xi Jinping​ vor G20 auf Bali
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Joe Biden trifft Xi Jinping

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Foto: AFP/SAUL LOEB

Es sind die kleinen Details, auf die es bei einem Gipfeltreffen von solch historischer Bedeutung ganz besonders ankommt: Als Joe Biden geraden Schrittes auf Xi Jinping zuschreitet, reichen sich die beiden Staatschefs lächelnd ihre rechte Hand entgegen. Eine Selbstverständlichkeit ist dies nicht: Dem deutschen Kanzler Olaf Scholz ist während seines Peking-Besuchs zu Beginn des Monats kein Handschlag mit Xi ermöglicht worden.

Mit maximaler Spannung wurde das erste persönliche Gespräch zwischen Xi und Biden erwartet. Von den bilateralen Beziehungen zwischen den USA und China hängt schließlich maßgeblich ab, ob die internationale Staatengemeinschaft erneut in zwei Machtblöcke zerfällt oder ob eine multipolare Weltordnung auch friedlich gelingen kann.

Gemessen an der niedrigen Erwartungshaltung ist das Treffen auf Bali überraschend positiv gestartet. Der Ton während der ersten öffentlichen Stellungnahme war ohne jeden Zweifel versöhnlich. Joe Biden sagte etwa, man müsse sicherstellen, dass aus der Konkurrenz zwischen den zwei Ländern kein Konflikt werde: „Die Welt erwartet, dass China und die Vereinigten Staaten eine Schlüsselrolle bei der Bewältigung globaler Herausforderungen spielen und dass wir in der Lage sind, zusammenzuarbeiten“. Auf der anderen Seite des Konferenzzimmers, getrennt durch ein riesiges Blumengesteck, sprach Xi davon, für ein „freimütiges Gespräch“ bereit zu sein, und dass beide Seiten „die richtige Richtung“ für die gemeinsamen Beziehungen finden müssen.

Bei diesem Prozess hilft durchaus, dass die beiden Staatschefs langjährige Wegbegleiter sind. Biden hat – damals als Vize-Präsident unter Obama – knapp 70 Stunden Gesprächszeit mit Xi angehäuft, so viel wie wohl kein anderer westlicher Politiker. Einst hat Xi Jinping den US-Demokraten sogar „lao pengyou“ genannt: einen „alten Freund“.

Doch jenes Bonmot wirkt wie aus einer weit entfernten Vergangenheit. Seither nämlich haben sich die bilateralen Beziehungen nicht nur verschlechtert, sondern sind regelrecht eskaliert. Nicht wenige halten langfristig eine militärische Auseinandersetzung zwischen den zwei Systemrivalen für denkbar, ja vielleicht sogar unausweichlich. Im Pekinger Regierungssitz Zhongnanhai hat sich längst die Wahrnehmung etabliert, dass die USA den chinesischen Aufstieg mit allen erdenklichen Mitteln verhindern wollen.

Umso wichtiger ist das Etablieren von gemeinsamen Kommunikationskanälen. Allein dieses erste persönliche Treffen wurde bereits seit Juli von Regierungsvertretern der zwei Staaten vorbereitet, nachdem Xi und Biden während eines Telefonats ihren Willen dazu geäußert hatten. Dass man auf Bali jedoch während des knapp dreieinhalbstündigen Gesprächs bilaterale Differenzen aus der Welt schaffen werde, sollte nicht die Erwartungshaltung sein, hieß es aus Washingtoner Regierungskreisen. Denn die Gräben sind dafür schlicht zu tief.

Zumindest einige positive Signale ließen sich nach dem Treffen dennoch vernehmen. Bei den Stellungnahmen nach dem Treffen hat sich Xi Jinping „höchst besorgt über die gegenwärtige Situation in der Ukraine“ geäußert, und dass man die Wiederaufnahme der Friedensgespräche zwischen der Ukraine und Russland unterstütze.

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Foto: dpa/Alex Brandon

Enttäuschend aus europäischer Sicht war, dass Xi die zuvor in Anwesenheit von Olaf Scholz getätigte Äußerung, dass man das Drohen mit Nuklearwaffen nicht dulden werde, nicht wiederholt hat. Jene Worte von Anfang November galten als bislang deutlichste Kritik Chinas an Russland – und sie fanden sich am Montag nur in der Stellungnahme der US-Amerikaner wieder, nicht jedoch im Papier der Chinesen. Ebenfalls erwähnte ausschließlich Biden die lange Liste an Streitthemen, bei denen die beiden Seiten wohl auf keinen gemeinsamen Nenner kommen werden: von der Menschenrechtslage in China bis hin zum Taiwan-Konflikt. Immerhin gibt es zumindest auch etliche Felder, die die zwei Weltmächte zur Zusammenarbeit zwingen, allen voran der gemeinsame Kampf gegen die globale Erderwärmung.

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