Rechtsextreme in Frankreich Front National bricht mit Gründer Le Pen

Paris · Paukenschlag im Front National: Bei der rechtsextremen Partei ist es zum offenen Bruch zwischen Parteigründer Jean-Marie Le Pen und dessen Tochter und Parteichefin Marine Le Pen gekommen.

 Jean-Marie Le Pen sieht sich einer breiten Front innerhalb seiner Partei gegenüber.

Jean-Marie Le Pen sieht sich einer breiten Front innerhalb seiner Partei gegenüber.

Foto: ap

Der 86-Jährige betreibe eine Politik "zwischen Strategie der verbrannten Erde und politischem Selbstmord", verurteilte die FN-Chefin am Mittwoch die jüngsten neo-nazistischen Äußerungen des FN-Ehrenvorsitzenden. Sie wolle seine Kandidatur bei den Regionalwahlen verhindern.

Der schon lange schwelende Konflikt zwischen dem Parteigründer und der derzeitigen FN-Führung hatte sich in den vergangenen Tagen zugespitzt, nachdem Jean-Marie Le Pen die Gaskammern in den NS-Konzentrationslagern zum wiederholten Male als "Detail" der Geschichte bezeichnet hatte. Zudem gab er der rechtsextremen Zeitschrift "Rivarol" ein Interview, in dem er insbesondere Marschall Philippe Pétain verteidigte, der im Zweiten Weltkrieg Staatschef des mit Nazi-Deutschland kollaborierenden Vichy-Regimes war.

Die 46-jährige Marine Le Pen versucht seit ihrer Wahl zur FN-Vorsitzenden Anfang 2011, der Partei ein bürgerlicheres Image zu verschaffen. Sie vermeidet verbale Entgleisungen, die ihrem Vater wiederholt Verurteilungen wegen Leugnen des Holocausts oder Aufrufs zu Rassenhass einbrachten. Außerdem ließ sie mehrere Mitglieder nach rassistischen Äußerungen aus der Partei ausschließen.

Mit ihrer Strategie schaffte sie es, die FN im vergangenen Jahr bei den Europawahlen mit rund 25 Prozent zur stärksten Kraft in Frankreich zu machen. Auch bei der ersten Runde der Départementswahlen im März kamen die Rechtsextremen auf rund 25 Prozent. Bei der Präsidentschaftswahl 2017 hat die FN-Chefin gute Chancen, in die Stichwahl zu kommen.

Ihre Linie wird von den führenden FN-Politikern unterstützt. FN-Vize Louis Aliot, der zugleich der Lebensgefährte von Marine Le Pen ist, erklärte am Mittwoch über den Kurznachrichtendienst Twitter, die politischen Gegensätze mit Jean-Marie Le Pen seien "von nun an unversöhnlich". FN-Vize Florian Philippot gab über Twitter einen "völligen und endgültigen Bruch" mit dem Parteigründer bekannt.

Die FN-Führung will nun möglicherweise erstmals Konsequenzen ziehen und den bisher als unantastbar geltenden Jean-Marie Le Pen in der Partei vom Sockel stürzen. Marine Le Pen kündigte an, dass "rasch" eine Sitzung der neunköpfigen FN-Führung einberufen werde, der auch ihr Vater angehört. Nach Angaben aus ihrem Umfeld könnte dies bereits am Donnerstag sein. Demnach steht ein Entzug der Ehrenpräsidentschaft eher nicht an, möglicherweise werden aber disziplinarische Maßnahmen beschlossen. Während in den Parteistatuten ein Entzug der Ehrenpräsidentschaft nicht vorgesehen ist, ist ein Parteiausschluss rechtlich möglich.

Auf jeden Fall will die FN-Spitze verhindern, dass Jean-Marie Le Pen bei den Regionalwahlen die FN-Liste in der südfranzösischen Region Provence-Alpes-Côte d'Azur anführt, wie der 86-jährige Europaabgeordnete dies selbst wünscht. Sie werde sich dieser Kandidatur bei einer FN-Sitzung am 17. April "widersetzen", kündigte Marine Le Pen an.

Sein Status als Ehrenpräsident gebe ihrem Vater nicht das Recht, die Partei als "Geisel" zu nehmen und "solch unflätige Provokationen" von sich zu geben, "die anscheinend das Ziel haben, mir zu schaden, aber die leider der ganzen Bewegung einen sehr harten Schlag versetzen".

Jean-Marie Le Pen hatte die Partei im Jahr 1972 mitbegründet. Bei der Präsidentschaftswahl im Jahr 2002 schaffte er es mit fast 17 Prozent in der ersten Runde in die Stichwahl.

(dpa)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort