Friedensnobelpreis für tunesisches Dialog-Quartett Nobel-Komitee würdigt "entscheidenden Beitrag" für Demokratie

Oslo · Der Friedensnobelpreis 2015 geht an das tunesische Quartett für den nationalen Dialog. Der Preis werde für die Bemühungen um den Aufbau einer pluralistischen Demokratie in dem nordafrikanischen Land im Zuge des Arabischen Frühlings vergeben, hieß es in der Begründung.

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Das Quartett wurde im Sommer 2013 gebildet, als der Demokratisierungsprozess in Tunesien aufgrund von sozialen Unruhen und politischer Morde gefährdet war. Es habe einen alternativen politischen Prozess in Gang gebracht zu einer Zeit, als das Land am Rande eines Bürgerkrieges gewesen sei, heißt es in der Begründung des Nobelpreiskomitees und einen "entscheidenden Beitrag" zur Demokratie geleistet.

"Es ist ein Preis, der die mehr als zweijährigen Anstrengungen des Quartetts krönt, zu einer Zeit, als das Land an allen Fronten in Gefahr war", sagte Houcine Abassi, Generalsekretär der Gewerkschaft UGTT und damit einer der Preisträger, in einer Reaktion auf den Gewinn des Preises.

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Die UN begrüßten die Vergabe des Preises an das tunesische Quartett. "Wir brauchen die Zivilgesellschaft, um den Friedensprozess voranzutreiben", sagte ein UN-Sprecher in Genf. Tunesien sei dafür ein "brillantes Beispiel". Das nordafrikanische Land sei einer der Staaten, die sich seit dem Arabischen Frühling in der Region am besten entwickelt hätten. Daher verdienten auch die Regierung und das Volk die Glückwünsche.

Die Bundesregierung bezeichnete die Vergabe als ausgezeichnete Entscheidung bezeichnet. "Die Bundesregierung gratuliert den Mitgliedern des nationalen tunesischen Dialogquartetts herzlich", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. "Es ist der verdiente Lohn für eine Arbeit an der Demokratie, für ein Festhalten an der Idee, dass ein Volk, das eine Diktatur abgeschüttelt hat, etwas besseres verdient als eine neue Diktatur."

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Weiter heißt es in der Begründung des Nobel-Komitees, das Quartett habe den Weg für einen friedlichen Dialog zwischen den Bürgern, den politischen Parteien und den Behörden ermöglicht und dazu beigetragen, auf Konsens basierende Lösungen für eine breite Palette von Herausforderungen entlang politischer und religiöser Gräben zu finden. Die Verleihung versteht das Nobel-Komittee als eine Ermutigung für das gesamte tunesische Volk.

Das Quartett besteht aus dem tunesischen Gewerkschaftsverband (UGTT), dem Arbeitgeberverband (UTICA), der Menschenrechtsliga (LTDH) und der Anwaltskammer. Das Nobel-Komitee äußerte seine Hoffnung, dass der Nobelpreis Tunesiens Weg zur Demokratie sichern werde. Der Preis solle aber auch "Ansporn für alle sein, die Frieden und Demokratie im Nahen Osten, Nordafrika und im Rest der Welt voranbringen wollen".

Tunesien als Ausgangsland für den Arabischen Frühling

Tunesien war Ausgangsland des sogenannten Arabischen Frühlings, bei dem in Volksaufständen mehrere Machthaber arabischer Länder gestürzt wurden. Die Bewegung führte zum Sturz mehrerer arabischer Regime, konnte aber die großen Hoffnungen auf Freiheit nicht erfüllen. Als einziges arabisches Land brachte Tunesien seine Demokratisierung voran.

Die noch junge und fragile Demokratie des Landes wurde in diesem Jahr von zwei blutigen Terroranschlägen auf Touristen erschüttert. Das stark von Europa beeinflusste kleine Urlaubsland am Mittelmeer geriet ins Visier militanter Islamisten.

Die massiven wirtschaftlichen und sozialen Probleme wurden bislang nicht gelöst. Mehr als 15 Prozent der elf Millionen Tunesier sind arbeitslos. Dazu kommen der inländische Terrorismus und eine militärische Bedrohung durch islamistische Milizen, die von Libyen oder Algerien aus operieren.

Verliehen wird der mit acht Millionen schwedischen Kronen (etwa 850.000 Euro) dotierte Friedensnobelpreis am 10. Dezember, dem Todestag des Preisstifters und Dynamit-Erfinders Alfred Nobel, in Oslo.

Im vergangenen Jahr hatten sich die Kinderrechtsaktivisten Malala Yousafzai aus Pakistan und Kailash Satyarthi aus Indien den Nobelpreis geteilt.

(das/dpa/AP)
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