Hollande contra Sarkozy Frankreichs Klassen-Wahlkampf

Paris · Eigentlich schienen die Rollen klar verteilt zu sein: Nicolas Sarkozy, der Präsident der Reichen, gegen den Robin Hood des Volkes, François Hollande. Doch der Amtsinhaber versucht, sein altes Image abzuschütteln. Das Verhältnis der Kandidaten zum Geld ist ein entscheidender Faktor bei den Wahlen.

 Diese Kandidaten bewerben sich um das Amt des französischen Präsidenten.

Diese Kandidaten bewerben sich um das Amt des französischen Präsidenten.

Foto: afp, DSK

Bei beiden jubelten die Menschen zu Zehntausenden, bei beiden schmückten historische Kulissen das Bild — und doch war die Stimmung bei diesem letzten großen Fern-Duell der zwei wichtigsten Präsidentschaftskandidaten vor der Wahl in Frankreich grundverschieden: Während der konservative Amtsinhaber Nicolas Sarkozy am Wochenende vor dem goldenen Obelisken auf der prächtigen Place de la Concorde unweit der Nationalversammlung auftrat, hatte sein sozialistischer Herausforderer François Hollande ein buntes Familienfest mit Musik im Schlosspark von Vincennes im populären Osten von Paris organisiert.

Stichwahl scheint sicher

Sollten die Umfragen recht behalten, werden die beiden Hauptkonkurrenten am Sonntag als Sieger unter den insgesamt zehn Präsidentschaftskandidaten hervorgehen und sich zwei Wochen später, am 6. Mai, in einer Stichwahl gegenüberstehen — einer Wahl, bei der es weniger um Programme, denn um Stil und Persönlichkeiten geht: Für viele Franzosen bleibt Sarkozy der "Präsident der Reichen", während Hollande die Spitzenverdiener attackiert.

Das Magazin "Le Nouvel Observateur" sah kürzlich darin auch die eigentliche Streitfrage des Wahlkampfs: "Derjenige, der das Geld liebt, versus denjenigen, der es hasst." Nichts trenne die beiden so sehr wie die Frage des Geldes, sagt der Parteifreund Hollandes, Michel Sapin. "Für Nicolas Sarkozy ist es das Alpha und Omega, für François Hollande hat es keinen Wert." Seit der Sozialist angekündigt hat, im Falle seines Wahlsiegs Jahreseinkommen von mehr als einer Million Euro mit 75 Prozent zu besteuern, bestimmt die Frage nach dem Umgang mit den reichen Franzosen auch die Kampagne. Zumal im Land der Revolution, die der Prasserei der Könige und Adeligen per Guillotine ein Ende setzte, Geld noch immer als etwas Schmutziges gilt, das man am besten nicht zeigt.

Sarkozys Fehltritt nach dem letzten Wahlsieg

Ausgerechnet Sarkozy hatte mit diesem paradoxen Verhältnis der Franzosen zum Geld gebrochen — vor allem in der Anfangszeit seiner Präsidentschaft, als er mit Rolex-Uhr am Handgelenk und Ray-Ban-Sonnenbrille auf der Nase seine unbekümmerte Beziehung zum Luxus demonstrierte. Noch am Abend seiner Wahl zog sich der frischgewählte Präsident stundenlang in das Nobel-Restaurant "Fouquet's" auf den Champs-Elysées zurück, gestattete sich alsbald eine satte Gehaltserhöhung und führte eine Steuerobergrenze für Super-Reiche ein. Dabei hatte er noch im Wahlkampf das "Frankreich der Arbeiter und Frühaufsteher" gepredigt und einen "sozialen Bruch" versprochen.

"Dies hat Sarkozy geschadet und kratzt bis heute an seiner Beliebtheit", sagt der Politologe Pascal Perrineau. Dabei bemüht sich Sarkozy seit einiger Zeit darum, sein Image zu wandeln. Hoch und heilig versprach er kürzlich mit Blick auf die "Fouquet's-Nacht", er werde nie wieder in dieses Restaurant gehen. "Geld ist kein Ziel im Leben", sagt Sarkozy inzwischen, so oft es geht, verspricht seinerseits, Großunternehmen künftig mit einer Sondersteuer zu belegen und den Reichen die Steuervorteile zu streichen. Seinen Herausforderer Hollande attackiert er genau auf diesem Gebiet und zückt die Drohkarte: Sollte der Sozialist gewinnen, gehe Frankreich "bankrott". Der Mittelstand werde "ruiniert", das Land "Opfer der Spekulanten", erklärte der Amtsinhaber auf dem Place de la Concorde.

Hollande will die Macht des Geldes brechen

Einige Kilometer weiter östlich schoss der Sozialist zurück. Er werde die "Finanzwelt bändigen" und im Falle seines Wahlsiegs den "Privilegien der Mächtigen und des Geldes" ein Ende setzen, erklärte Hollande.

Dabei hatte sich der Sozialist eine Zeit lang doch um ein gemäßigteres, fast schon bürgerliches Image bemüht. Seinen rosafarbenen Scooter, mit dem er einst durch die Straßen von Paris kreuzte, stellte er in die Garage und tauschte seine Schlabberhosen gegen Maßanzüge. Schließlich weiß er, dass er für den Sieg präsidial erscheinen muss.

Doch Hollande steht unter Druck, und der kommt von Jean-Luc Mélenchon. Der Gründer der Linksfront "Front de Gauche" kandidiert ebenfalls und hat mit mitreißender Revolutionsrhetorik seine Beliebtheitswerte verdreifacht. Er begeistert all diejenigen im linken Lager, denen Hollande als zu blass und moderat erscheint. Politologen zufolge ist Hollandes Vorschlag einer Super-Reichensteuer daher ebenso mit dem Mélenchon-Druck zu erklären wie sein "stark links geprägtes" Wirtschaftsprogramm. Zwar will auch Hollande das Haushaltsdefizit senken, doch statt die staatlichen Ausgaben zu kürzen, will er vor allem die Steuern erhöhen — mit dem Ziel: soziale Umverteilung.

(RP/felt)
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