Wahlkampf in Frankreich Macron und Le Pen streiten im TV-Duell über Umgang mit Russland

Paris/Berlin · Kopftuch, Europa, Kredite: Beim TV-Duell kurz vor der Präsidentschafts-Stichwahl in Frankreich wirft Amtsinhaber Macron seiner Rivalin Le Pen „Abhängigkeit“ von Russland vor. Die Rechtspopulistin wiederum kritisiert Deutschland.

 Ein Fernseher während der Übertragung des TV-Duells zwischen dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron und der rechtsextremen Kandidatin Marine Le Pen.

Ein Fernseher während der Übertragung des TV-Duells zwischen dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron und der rechtsextremen Kandidatin Marine Le Pen.

Foto: AFP/LUDOVIC MARIN

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und seine rechte Rivalin Marine Le Pen haben sich im einzigen TV-Duell vor der Wahl am Sonntag einen heftigen Schlagabtausch geliefert. Bereits zu Beginn der Fernsehsendung am Mittwochabend fielen sich die Kontrahenten mehrfach ins Wort, wobei sich am Umgang mit den steigenden Preisen und mit Russland eine Kontroverse entzündete.

Le Pen, Chefin des rechtsextremen Partei Rassemblement National, präsentierte sich als Anwältin der Verbraucher, die deren Kaufkraft steigern wolle: „Ich werde die Präsidentin der Lebenshaltungskosten sein.“ Macron warf der für eine kräftige Mehrwertsteuersenkung auf Energie eintretenden Konkurrentin vor, ihre Vorschläge seien teilweise wirklichkeitsfremd. Dies gelte auch für Lohnsteigerungen, die sie im Falle ihrer Präsidentschaft erreichen wolle. Le Pen konterte, ihre Vorschläge würden im „wahren Leben“ besser funktionieren als die Politik des Amtsinhabers. Sie wolle den Franzosen ihr Geld zurückgeben.

Macron warf seiner Konkurrentin mit Blick auf ihre früher offen zur Schau getragene Nähe zu Russland vor, von dessen Präsidenten Wladimir Putin abhängig zu sein. Le Pens Partei erhielt 2014 einen Kredit von einer russischen Bank. Kurz vor den Wahlen 2017 wurde Le Pen zudem von Putin in Moskau empfangen. Die Parteichefin verteidigte den Kredit aus Russland, da in Frankreich damals kein Darlehen zu erhalten gewesen sei. Zudem habe diese Transaktion ihre Unabhängigkeit in keiner Weise beeinträchtigt.

Den Einmarsch Russlands in die Ukraine hat die 53-Jährige als klare Verletzung internationalen Rechts verurteilt. Zugleich will sie sich für eine Annäherung zwischen der Nato und Russland einsetzen, falls der Ukraine-Krieg beendet ist und ein Friedensvertrag steht. Die Rüstungskooperation mit Deutschland will die rechte Kandidatin aufkündigen, die Macron „Blindheit gegenüber Berlin“ vorwirft.

In der TV-Debatte kritisierte sie zudem Deutschland wegen einer Energiepolitik, die sie als verfehlt bezeichnete, da sie das Land „sehr abhängig von russischem Gas“ gemacht habe. Mit den gegen Russland verhängten Sanktionen stimme sie zwar überein. Doch ein Gasimportstopp komme für sie nicht in Frage: „Das ist nicht die richtige Methode.“

Macron betonte die Verankerung Frankreichs in der Europäischen Union und legte ein Bekenntnis zur deutsch-französischen Kooperation ab. „Ich glaube an Europa und ich glaube an das französisch-deutsche Paar. Ich denke, dass es das französisch-deutsche Paar ist, dass es uns ermöglicht hat, Abkommen zu erreichen.“ Der Präsident warf Le Pen vor, sich aus der EU verabschieden zu wollen, ohne dies klar zu sagen. Le Pen meinte, es gebe keine europäische Souveränität, weil es kein europäisches Volk gebe. „Ich verteidige das Europa der Nationen.“ Sie wolle nicht aus der EU aussteigen, wenn das so wäre, würde sie es sagen. Ihre gehe es um Veränderungen der Union.

Le Pen bekräftigte ihre Forderung nach einem Kopftuchverbot im öffentlichen Raum. „Es ist eine Uniform, die die Islamisten aufzwingen“, sagte die Rechtspopulistin im Fernsehduell gegen Präsident Emmanuel Macron am Mittwoch in Paris. Macron warf ihr vor, auf diese Weise Millionen von Menschen aus dem öffentlichen Raum zu verdrängen. „Sie riskieren einen Bürgerkrieg“, sagte er.

Le Pen betonte, dass sie nicht gegen den Islam, sondern ausschließlich gegen die „Ideologie des Islamismus“ vorgehen wolle. Sie hatte während des Wahlkampf gefordert, dass das Tragen eines Kopftuchs im öffentlichen Raum mit einer Ordnungsstrafe belegt werden solle - ließ sich aber auch mehrfach auf Selfies mit Kopftuch tragenden Frauen ein.

Macron betonte seinerseits, dass ein Kopftuchverbot nicht mit der französischen Verfassung vereinbar sei. „Frau Le Pen, Sie wollen, dass Frankreich, das Land der Aufklärung, das erste Land der Welt wird, dass religiöse Zeichen im öffentlichen Raum verbieten will - das ist doch Unsinn“, sagte Macron.

Bereits vor der Präsidentschaftswahl 2017 hatten Macron und Le Pen sich in einem TV-Duell gegenüber gesessen, dabei war die Diskussion von Beschimpfungen und persönlichen Angriffen geprägt gewesen. Nun zeigte Macron sich als Zuhörer, der seiner Kontrahentin bei einigen Feststellungen Recht gab - um sich aber im Anschluss zu bemühen, deren Schlussfolgerungen oder Forderungen zu widerlegen. Le Pen konzentrierte sich ebenfalls auf die Aussagen ihres Gegners und versuchte etliche Darstellungen des Präsidenten zu widerlegen.

In Befragungen vor der Stichwahl lag Macron in der Wählergunst zuletzt klar vorn. Im Schnitt kam er auf 55,83 Prozent. Damit zeichnet sich ein weniger enges Rennen ab, als es vor der ersten Runde der Präsidentenwahl laut Umfragen zu erwarten war.

(peng/Reuters/dpa)
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