Persönlicher Berater von Abbas Frangi: "Merkels Sicht ist oberflächlich"

Düsseldorf · Die Gewalt zwischen Israelis und Palästinensern nimmt kein Ende, die Zahl der Toten steigt. Abdallah al Frangi, der persönliche Berater von Palästinenser-Präsident Mahmoud Abbas, spricht im Interview über den Konflikt und wie er die deutsche Nahostpolitik bewertet.

Kinder inmitten des Gaza-Konflikts
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Die Gewalt zwischen Israelis und Palästinensern nimmt kein Ende, die Zahl der Toten steigt. Abdallah al Frangi, der persönliche Berater von Palästinenser-Präsident Mahmoud Abbas, spricht im Interview über den Konflikt und wie er die deutsche Nahostpolitik bewertet.

Wie sehen Sie die Chancen auf einen Waffenstillstand?

Frangi Das ist schwierig einzuschätzen. Die Forderungen der Israelis sind unannehmbar. Sie kehren zurück zu einem Zustand von vor 15 Jahre, nur mit erschwerten Bedingungen. Dass der ägyptische Präsident Mursi persönlich mit seinem ganzen Gewicht versucht, trotzdem ein Abkommen zu erreichen, ist ein Zeichen, dass Ägypten einen Einmarsch der Israelis in den Gaza-Streifen nicht zulassen will.

Die Bundesregierung erklärt den andauernden Raketenbeschuss aus dem Gaza-Streifen auf Israel als verantwortlich für die Eskalation.

Frangi Das ist eine oberflächliche und einseitige Sicht. Es geht hier um Gewalt und Gegengewalt. Die Umstände, in denen die Palästinenser leben müssen, führen dazu, dass sie nicht zur Ruhe kommen können. Das geht dann so weit, dass Gruppen, die von uns nicht vertreten werden und von uns nicht vertreten werden wollen, zu Raketen greifen. Das ist ein Teufelskreis. Die Israelis müssen von der Weltgemeinschaft dazu gebracht werden, sich eindeutig zur Zweistaatenlösung zu bekennen und den Palästinensern eine Hoffnung zu geben. Präsident Abbas, der nicht zu den Waffen greift, sondern eine politische Lösung mit Israel erreichen will, wird bei seinen Möglichkeiten, über die UNO tätig zu werden, ebenfalls blockiert.

Wie bewerten Sie die deutsche Nahostpolitik?

Frangi Eine größere Zurückhaltung wäre besser gewesen. Die Bundeskanzlerin muss nicht die Sicherheit Israels vernachlässigen, aber sie sollte eine ausgewogene Politik betreiben, damit sie als Vermittlerin akzeptiert werden kann. Die Deutschen reagieren sehr spät. Türken und Franzosen engagieren sich stärker für eine friedliche Lösung und sind deshalb schon nach Ägypten gereist. Heute kommt der deutsche Außenminister aus Berlin. Schon vor der Uno hat die Bundeskanzlerin keine balancierte Politik betrieben, sich hinter Israel gestellt und Abbas blockiert. Frau Merkel sieht zwar ein Recht Israels zu agieren, aber offensichtlich sieht sie nicht die Bilder aus dem Gazastreifen. Nach über tausend Luftangriffen der Israelis sind die Zerstörungen auf dem Gebiet von 360 Quadratkilometern verheerend. Das ist einfach unannehmbar.

Welche Möglichkeiten hat Europa?

Frangi Für den Konflikt kann es nur eine politische Lösung geben. Dazu kann Europa viel beitragen, indem es nicht bei Lippenbekenntnissen für die Zweistaatenlösung bleibt, sondern die Europäer einen unabhängigen palästinensischen Staat neben Israel anerkennen. Israel merkt offenbar nicht, welche Entwicklungen mit der Demokratisierung der arabischen Welt in Gang gekommen sind. Es führt zu keinem Ergebnis. Es gibt nur den Weg einer politischen Lösung. Ich fürchte, wir verlieren die Grundlage für eine Zweistaatenlösung angesichts von 300.000 israelischen Siedlern in der Westbank und 100.000 in Ost-Jerusalem, das ist gegen die Abmachungen, die auch die Europäer unterstützen.

Bundesaußenminister Westerwelle fliegt ja jetzt auch nach Ramallah. Was erwarten Sie von seiner Reise?

Frangi Er wird mit Präsident Abbas diskutieren, aber er wird kein Gewicht für eine Lösung der Konflikte in der Region mitbringen. Wenn man so eindeutig pro-israelisch handelt, bleibt der Einfluss gering. Die Deutschen hätten die Chance, zwischen Israelis und Palästinensern zu vermitteln. Aber das können sie nicht, solange sie so einseitig agieren.

Gregor Mayntz sprach mit dem persönlichen Berater von Palästinenser-Präsident Mahmoud Abbas, dem früheren Berliner Gesandten Abdallah al Frangi.

(may-)
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