Fragen zum Abkommen mit Japan Was die Freihandelszone für die EU bedeutet

Tokio · Eigentlich wollte die EU mit den USA die größte Freihandelszone aufbauen. Doch wegen Trump wendet sich die EU Nippon zu.

 17.07.2018, Japan, Tokio: Jean-Claude Juncker (l), Präsident der Europäischen Kommission, gibt Donald Tusk (r), Präsident des Europäischen Rates, nach der Unterzeichnung eines gemeinsamen Freihandelsabkommens die Hand. Dazwischen steht Shinzo Abe, Premierminister von Japan. Das Freihandelsabkommen soll den bisherigen Planungen zufolge spätestens im Herbst 2019 in Kraft treten. Foto: -/kyodo/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

17.07.2018, Japan, Tokio: Jean-Claude Juncker (l), Präsident der Europäischen Kommission, gibt Donald Tusk (r), Präsident des Europäischen Rates, nach der Unterzeichnung eines gemeinsamen Freihandelsabkommens die Hand. Dazwischen steht Shinzo Abe, Premierminister von Japan. Das Freihandelsabkommen soll den bisherigen Planungen zufolge spätestens im Herbst 2019 in Kraft treten. Foto: -/kyodo/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

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Was verspricht sich die EU davon? Über einen besseren Zugang zum japanischen Markt sollen europäische Unternehmen neue Wachstumsmöglichkeiten bekommen. Wichtig für die Industrie ist es zum Beispiel, dass sie ihre Produkte ohne zusätzliche Prüfungen, Zertifizierungen oder Kennzeichnungen in Japan verkaufen kann. Europäische Landwirte und Nahrungsmittelproduzenten sollen von einem weitreichenden Abbau von Zöllen profitieren. So wird etwa verarbeitetes Schweinefleisch künftig zollfrei und frisches Fleisch nahezu zollfrei ausgeführt werden können.

Warum ist Japan so interessant? Japan ist nach den USA und China die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt. In dem Land lebten zuletzt rund 127 Millionen Menschen. Die Europäische Union erwartet, dass allein der Export von verarbeiteten Nahrungsmitteln von der EU in Richtung Japan um bis zu 180 Prozent steigen könnte. Dies würde einem zusätzlichen Umsatz in Höhe von zehn Milliarden Euro entsprechen. Durch den Wegfall der Zölle könnten zudem für die Verbraucher in der EU Produkte aus Japan günstiger werden, auf die bisher zum Teil hohe Zölle erhoben wurden.

Und was erhofft sich Japan? Die EU-Staaten sind ein wichtiger Absatzmarkt für japanische Unternehmen. Japan ist vor allem an raschen Zollsenkungen für Industriegüter, insbesondere Autos, interessiert. Auf Pkw aus japanischer Fertigung wird derzeit eine Abgabe in Höhe von zehn Prozent erhoben, auf Nutzfahrzeuge gibt es sogar Zölle in Höhe von zehn bis 22 Prozent. Wirtschaftsvertreter sehen das Abkommen mit der EU zudem als deutliches Zeichen dafür, dass sich Japan neu orientiert und verstärkt auf Globalisierung setzt.

Was kritisieren Umwelt- und Verbraucherschützer? Sie fürchten, dass über Jefta (so die Abkürzung für das Abkommen) europäische Standards beim Umwelt- und Verbraucherschutz ausgehebelt werden. Denn das EU-Vorsorgeprinzip ist nur unzureichend im Vertrag verankert. Dieses ermöglicht in Europa eine schnelle Reaktion auf mögliche Gesundheits- und Umweltgefahren. So können Produkte vorsorglich vom Markt genommen werden, auch wenn die wissenschaftlichen Daten noch keine umfassende Risikobewertung zulassen. Globalisierungsgegner warnen vor negativen Folgen für Entwicklungsländer, die unter dem verstärkten Wettbewerb der neuen Freihandelszone leiden könnten.

Sind die Sorgen berechtigt? Die EU-Kommission sagt Nein. „EU-Standards in Bereichen wie Umwelt- und Verbraucherschutz stehen ebenso wenig zur Disposition wie das Vorsorgeprinzip“, heißt es aus der Brüsseler Behörde. Mit Blick auf die Entwicklungsländer wird darauf gesetzt, dass es über ein stärkeres Wachstum in der EU und Japan auch zu einer stärkeren Nachfrage nach Produkten aus Entwicklungsländern kommt.

Werden Trinkwasser und Müll teurer? „Entgegen anderslautenden Behauptungen führt das Wirtschaftspartnerschaftsabkommen der EU mit Japan nicht zu einer Deregulierung und Privatisierung von öffentlichen Dienstleistungen wie der Wasser- und Abwasserversorgung“, erklärt die Kommission. Das Vorrecht der Behörden, öffentliche Dienstleistungen in der öffentlichen Hand zu belassen, bleibe erhalten, und keine Regierung werde zur Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen auf nationaler oder lokaler Ebene gezwungen.

Warum ging alles so schnell? Die EU wollte eigentlich mit den USA eine Freihandelszone namens TTIP gründen. Die Verhandlungen darüber wurden aber von Trump gestoppt, weil er der Ansicht ist, dass Freihandelsabkommen die US-Wirtschaft benachteiligen. Ähnliches gilt für Japan: Das Land plante mit den USA und zehn weiteren Ländern die Freihandelszone TPP. Trump ließ jedoch auch dieses Vorhaben platzen. Nun wollen Japan und die EU ein Zeichen für Freihandel setzen.

(dpa)
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