Milliardär fordert Partei von Saakaschwili heraus Folterskandal überschattet Wahl in Georgien

Tiflis · Überschattet von einem Skandal um Folter und Vergewaltigungen in Gefängnissen wählt Georgien am Montag ein neues Parlament. Zur Abstimmung werden zahlreiche internationale Beobachter erwartet. In den letzten Tagen vor dem Wahlgang blieb völlig ungewiss, ob dabei die Partei Vereinte Nationale Bewegung des Präsidenten Michail Saakaschwili erneut die Mehrheit gewinnen wird.

Georgiens Präsident mit den Nerven am Ende
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Herausforderer in dem von heftigen Spannungen geprägten Wahlkampf ist der Milliardär Bidsina Iwanischwili und sein Block Georgischer Traum. Bis vor kurzem deuteten die Umfragen auch dieses Mal auf einen Wahlsieg von Saakaschwilis Vereinter Nationaler Bewegung hin. Doch der Folterskandal, der zwei Minister ihre Ämter kostete, machte den klaren Vorsprung zunichte.

Am Samstag warben beide Kandidaten noch einmal mit Großkundgebungen um Stimmen. Saakaschwili versammelte seine Anhänger in der Stadt Batumi am Schwarzen Meer, wo er eine Fortsetzung seines Modernisierungskurses versprach. "Meine Freunde, wir brauchen Eure Hilfe, damit niemand das Wunder stoppen kann, dass wir zusammen ein neues Georgien aufbauen", rief er etwa 60.000 Menschen zu. Iwanischwilis Unterstützer versammelten sich zum Wahlkampfabschluss auf einem Platz im Zentrum der Hauptstadt Tiflis. Viele schwenkten Fahnen der Opposition und skandierten "Georgien, Georgien".

Saakaschwili und seine Partei sind seit der sogenannten Rosenrevolution des Jahres 2003 an der Macht. Der Präsident sagte der Korruption den Kampf an und belebte die Wirtschaft. Oppositionsführer Iwanischwili aber wirft ihm eine autoritäre Staatsführung vor. Tatsächlich ließ die Regierung 2007 und 2011 Proteste niederschlagen.

Saakaschwili wiederum beschuldigt seinen Herausforderer, die Modernisierung der ehemaligen Sowjetrepublik beenden zu wollen. Der in Russland zu großem Reichtum gelangte Iwanischwili wolle Georgien an Russland anbinden. Der Oppositionskandidat hingegen betont, er wolle die Beziehungen zu Moskau lediglich normalisieren, Georgien könne sich einen Dauerkonflikt mit dem großen Nachbarn nicht leisten. Russland und Georgien hatten sich 2008 einen fünf Tage dauernden Krieg geliefert.

Saakaschwili versprach die "freieste und transparenteste Wahl", die Georgien bislang erlebt habe. Beobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa allerdings nannten den Wahlkampf "konfrontativ und rau". Iwanischwili warf der Regierung Manipulationen vor - und kündigte Massenproteste nach der Wahl an.

Besondere Bedeutung hat die Wahl durch eine Verfassungsänderung: Mit dem Ende der Amtszeit Saakaschwilis 2013 werden die Befugnisse des Präsidenten schrumpfen, das Parlament und der von ihm gewählte Regierungchef erhalten mehr Macht. Derzeit hat Saakaschwilis Partei mit 119 der 150 Mandate noch eine komfortable Mehrheit.

(AFP)
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