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Flüchtlinge an der Ägäis-Küste Wer kein Geld hat, bastelt ein Boot aus Lkw-Plane

Athen · Mitten im Sommer werden die Urlauber im Mittelmeer mit der Verzweiflung der Flüchtlinge konfrontiert. Illegale Schlepperbanden laden ihre "Passagiere" auf unbewohnten griechischen Inseln ab. Die Küstenwache ist im Dauereinsatz. Die stellvertretende FDP-Bundesvorsitzende Marie-Agnes Strack-Zimmermann erlebte das Drama jetzt aus der Nähe.

 Die stellvertretende FDP-Bundesvorsitzende Marie-Agnes Strack-Zimmermann.

Die stellvertretende FDP-Bundesvorsitzende Marie-Agnes Strack-Zimmermann.

Foto: Endermann, Andreas (end)

Sie lagern in Parks und breiten ihre Decken im Schatten der Bäume aus. Sie sitzen auf ihren Taschen und Kleidersäcken — träumen von Europa, während sie warten. Mehrere Tausend Flüchtlinge sind in den vergangenen Tagen im westtürkischen Izmir und anderen Regionen an der Ägäis-Küste aufgetaucht, um die illegale Überfahrt ins nahe Griechenland anzutreten. Türkische Behörden berichten von einem Ansturm, der alles bisher Dagewesene in den Schatten stellt.

Die meisten der Migranten sind Syrer. Einige von ihnen haben bereits mehrmals die Überfahrt auf die griechische Insel Chios versucht, die nur wenige Kilometer vom türkischen Badeort Çeşme bei Izmir entfernt liegt. Ohnehin sind die kleinen vorgelagerten griechischen Inseln nahe der Türkei ein stark frequentiertes Ziel von Flüchtlingsbooten. Um den Patrouillenschiffen der Küstenwache zu entgehen, steuern die Schlepper in der Nacht kleine, menschenleere Inseln an. Dort entladen sie ihre "Fracht", anschließend verschwinden sie wieder in der Dunkelheit.

"Auf den Inseln kommen täglich mindestens 60 bis 70 Flüchtlinge an", sagt die stellvertretende FDP-Bundesvorsitzende Marie-Agnes Strack-Zimmermann, die sich derzeit in Griechenland aufhält. Ohne die Küstenwache seien die Migranten dem sicheren Tod ausgesetzt, warnt die Politikerin. Denn auf den Inseln gibt es weder Essen noch Quellen für Trinkwasser.

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Foto: afp, MM

Boote der griechischen Küstenwache fahren in den frühen Morgenstunden die Inseln ab und sammeln die Heimatlosen ein, einige werden auf Fähren verteilt. Die Beamten tragen zivile Kleidung, um die Flüchtlinge nicht zu verunsichern. "Soweit wir das hier beurteilen können, geht die Küstenwache vernünftig mit den Leuten um. Aber auch deshalb, um die Touristen nicht zu verschrecken", sagt Strack-Zimmermann.

Die Ägäis ist schon seit Jahren eine wichtige Durchgangszone für Flüchtlinge, die über die Türkei und Griechenland nach Europa wollen. Doch seit einiger Zeit schwillt die Zahl der Menschen enorm an. Ein Grund ist das gute Wetter: Das Meer ist derzeit besonders ruhig, es herrscht kaum Wind oder starker Wellengang. Viele Flüchtlinge sehen daher die Chance, nach Europa zu gelangen. Doch der vermeintlich einfache Weg über das Meer birgt Gefahren: Diejenigen, die nicht 1000 Euro für einen Platz auf den Schlepperbooten ausgeben können, verlassen sich auf selbst konstruierte Boote — ein Großteil davon ist seeuntauglich.

"Die Boote sind teilweise aus Lkw-Planen gebastelt", berichtet Strack-Zimmermann. Nur manche der Verzweifelten trügen Rettungswesten. Kinder klammerten sich an Gummiringe, die auch im Schwimmbad untergehen würden. "Da rollt richtig was auf uns zu", sagt die FDP-Politikerin.

In den Booten sitzen junge Männer und Jugendliche, aber auch Kinder ohne Eltern. Alte Menschen sucht man vergebens. Für sie wäre die gefährliche Reise nicht zu meistern. "Um schnell mit den Sicherheitskräften in Kontakt zu treten, wählen die Bootsinsassen einen Sprecher — meist jemanden, der gut ausgebildet ist und Englisch spricht", sagt Strack-Zimmermann. Sie rufen "My boat, my boat" ("mein Boot"), um zu signalisieren, dass sie für die jeweilige Gruppe verantwortlich sind.

Von den unbewohnten Inseln geht es für die Flüchtlinge weiter nach Samos, Lesbos oder Kos. Doch die dortigen Auffanglanger sind bereits heillos überfüllt. Allein rund 25.000 Flüchtlinge kamen im vergangenen Halbjahr nach Lesbos. 109.000 seien insgesamt in dieser Zeit nach Griechenland gekommen, sagte vergangene Woche Vincent Cochetel, Europa-Direktor des UN-Flüchtlingshochkommissariats.

Nicht alle Boote schaffen die Überfahrt. Mehr als 2000 Bootsflüchtlinge sind nach UN-Angaben in diesem Jahr auf dem Weg über das Mittelmeer nach Europa bereits ums Leben gekommen. Für Migranten sei es inzwischen die tödlichste Route, teilte die Internationale Organisation für Migration mit.

Die im türkischen Izmir versammelten Flüchtlinge denken allerdings nicht ans Aufgeben: "Beim ersten Versuch wurden wir von der griechischen Marine geschnappt und zurückgeschickt", berichtete ein Flüchtling der Zeitung "Hürriyet". Doch das ändere nichts an seiner Entschlossenheit und der seiner Freunde: "Wir versuchen es, bis es klappt."

Angesichts dieses anhaltenden Zustroms von Flüchtlingen sei ohne Wenn und Aber ganz Europa gefragt, sagt Marie-Agnes Strack-Zimmermann. "Es ist ein Unding, dass nur einige wenige Länder Flüchtlinge aufnehmen. Europa ist nicht nur ein ökonomischer Zusammenhalt, sondern auch eine Wertegemeinschaft, die nicht nur dazu da ist, Geld zu verteilen, sondern eben auch fundamentale Herausforderungen gemeinsam zu meistern. Wenn das nicht gelingt, ist die großartige Idee Europa gescheitert und die EU es nicht mehr wert, 'Gemeinschaft‘ genannt zu werden."

(jaco/sei)
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