Terrorkrieg in Indien Feuergefechte in Bombay — Deutscher stirbt auf Flucht

Bombay (RPO). Die indische Metropole Bombay ist seit gestern Abend ein Schauplatz des Terrors. In einem Luxushotel und einer Wohnanlage halten Islamisten weiter Geiseln gefangen. Augenzeugen berichten von heftigen Explosionen. Terroristen hatten am Mittwochabend zehn Ziele angegriffen. Mehr als hundert Menschen starben, darunter auch ein Deutscher. Die Welt reagiert entsetzt.

 Die Schauplätze des Terrors in Bombay. Mit einem Klick auf das Bild öffnet sich die

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Foto: AP

Zahlreiche Tote Bei den am Mittwochabend begonnenen Attacken islamistischer Angreifer auf die Luxushotels Taj Mahal und Oberoi Trident sowie acht weitere Ziele starben nach Behördenangaben mindestens hundert Menschen, darunter ein Deutscher und mindestens vier weitere Ausländer.

>>>Deutsches Opfer Unter den Todesopfern ist auch der Medienunternehmer Ralph Burkei, ehemaliger Vizepräsident des TSV 1860 München und früherer Schatzmeister der Münchner CSU. Das bestätigte sein Mitgesellschafter Ralph Piller in München. Burkei sei bei dem Versuch, sich aus dem Hotel Taj Mahal zu retten, abgestürzt und offenbar auf dem Weg ins Krankenhaus gestorben. Die Freundin des Opfers ist bei dem Fluchtversuch von der Fassade abgestürzt und wurde schwer verletzt.

>>>Die Attentäter Knapp 300 Menschen wurden laut Medienberichten verletzt. Zu den Taten bekannte sich die bislang unbekannte islamistische Gruppe Deccan Mujahedeen. Sicherheitskräfte stürmten das Taj Mahal, im Oberoi Trident wurden noch zahlreiche Geiseln vermutet. Mehrere Terrorismusexperten haben den Verdacht, dass die koordinierten Angriffe in der indischen Finanzmetropole Verbindungen zu Al Qaida aufweisen.

Der Terrorismusexperte Berndt Georg Thamm sagte in der ARD: "Wir müssen leider zur Kenntnis nehmen, dass Indien mittlerweile auch zum Schauplatz des Heiligen Krieges, des Dschihads geworden ist." Al Qaida habe im vergangenen Jahr vor dem Hintergrund des Kaschmir-Konflikts Indien den Heiligen Krieg, erklärt und unterhalte Kontakte zu islamistischen gewaltbereiten Tätern auf dem Subkontinent.

Die Anschläge Bei den offenbar genau koordinierten Angriffen mehrerer kleiner Kampfgruppen auf die Hotels, den Bahnhof, ein Krankenhaus, ein Touristen-Restaurant und mehrere weitere Orte der Millionenstadt wurden etwa hundert Menschen getötet, wie der Polizeichef des Bundesstaates Maharashtra, A.N. Roy, sagte. Gruppen schwer bewaffneter Angreifer stürmten wild um sich schießend zwei Luxushotels, ein beliebtes Restaurant, Krankenhäuser und einen Bahnhof. Sie benutzten Handgranaten und Maschinengewehre. Medienberichten zufolge wurden 287 Verletzte gezählt. Im Taj Mahal starb auch ein Münchner Medienunternehmer, wie seine Firma C.A.M.P. TV mitteilte.

>>>Augenzeugenberichte Unter anderem überlebten zwei deutsche Europa-Abgeordnete die Anschläge. Sie berichten von erschreckenden Szenen. Die SPD-Politikerin schilderte in Interviews, wie sie durch Keller- und Hotelkorridore vor den Angreifern flüchten konnte, im Rücken immer wieder Schüsse und Schreie. Ein australischer TV-Star schloss sich auf der Toilette ein. Auch die Ex-Frau von Pop-Star Prince überlebte die Anschläge.

>>>Krisenstab eingerichtet Das Auswärtige Amt bestätigte den Tod eines Deutschen; mehrere Deutsche seien verletzt, und es sei davon auszugehen, "dass weitere Deutsche betroffen sind", sagte eine Sprecherin in Berlin. In Bombay wurde ein Krisenstab eingerichtet, das Generalkonsulat wurde personell verstärkt. Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) zeigte sich bestürzt über die Angriffe und verurteilte die "verabscheuungswürdigen Terroranschläge".

Hotels gestürmt Noch immer werden mehrere Geiseln in Hotels festgehalten. Die Polizei begleitete mindestens sieben Gerettete aus dem Hotel Oberoi. Einer von ihnen sagte, er habe in dem Gebäude viele Leichen gesehen. Mehrere Stunden nach den Anschlägen stürmten Kommandotruppen am Donnerstag eines der von den Angreifern besetzten Hotels. Der Einsatz im Luxushotel Taj Mahal und ein Ausgehverbot um das Gebäude markierten den Beginn eines Angriffs von Sicherheitskräften auf die Attentäter.

Vor dem Taj Mahal, das teilweise brannte, fuhren Krankenwagen auf. Journalisten wurden zurückgedrängt. Als die Sicherheitskräfte in das Hotel eindrangen, waren Schüsse zu hören. Ein Dutzend ursprünglich als Geiseln festgehaltene Ausländer wurden aus dem Hotel herausgebracht. Die Einsatzkräfte arbeiteten sich auf der Suche nach den Angreifern langsam von Zimmer zu Zimmer vor.

>>>Drei starke Explosionen Nach der Stürmung des Taj Mahal waren im Süden der Stadt drei starke Explosionen zu hören. In indischen Medien hieß es, sie hätten sich im Taj Mahal und Oberoi Trident sowie in Nariman House ereignet. Indische Medien berichteten etwa zeitgleich über einen Einsatz von Sicherheitskräften gegen eine Gruppe von bewaffneten Männern, die im Nariman House einen Rabbiner als Geisel genommen hatte.

Die Forderung der Extremisten Einer der Angreifer sagte dem Sender India TV am Telefon, seine Gruppe fordere ein Ende der Angriffe auf Muslime in Indien. Ein britischer Gast im Taj Mahal berichtete nach seiner Flucht, die mit Sturmgewehren und Granaten bewaffneten Angreifer seien noch sehr jung gewesen. Sie hätten alle Gäste mit britischen und US-Pässen zusammengetrieben und nach oben gebracht. Auch im Oberoi Trident suchten die Angreifer nach Briten und US-Bürgern, wie ein britischer Geschäftsmann dem Sender Sky News sagte.

Unklare Angaben Außer dem deutschen Unternehmer waren unter den Todesopfern mindestens vier weitere Ausländer. Laut indischer Nachrichtenagentur PTI handelte es sich um einen japanischen Geschäftsmann, ein 49-jähriges australisches und ein britisches Opfer. Der italienische Außenminister Franco Frattini erklärte in Rom, bei den "Taten willkürlicher und ungerechtfertigter Gewalt" sei ein Italiener gestorben. Nach Angaben des Fernsehsenders NDTV wurden neun Ausländer getötet. Mehrere Abgeordnete des Europaparlaments zu Besuch in Bombay, darunter zwei Deutsche, überlebten die Angriffe unverletzt.

Weltweites Entsetzen Weltweit wurden die Angriffe verurteilt. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat ihre Bestürzung über die Terroranschläge in Indien zum Ausdruck gebracht. In einem Kondolenzschreiben an den indischen Premierminister Manmohan Singh verurteilte Merkel am Donnerstag "diese verbrecherischen Taten" scharf. Der japanische Ministerpräsident Taro Aso sprach in einer Erklärung von "unverzeihlichen, äußerst niederträchtigen und heimtükischen" Terroranschlägen. Verurteilt wurden die Angriffe auch von Frankreichs Staatschef Nicolas Sarkozy, NATO-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer und dem US-Außenministerium.

(afp)
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