Präsidentenwahl in Brasilien Favoritin Rousseff muss in die Stichwahl

Brasília (RPO). Die Entscheidung um die Nachfolge von Brasiliens Präsident Luiz Inacio Lula da Silva fällt erst im zweiten Wahlgang am 31. Oktober. Die von Lula unterstützte Kandidatin Dilma Rousseff holte in der ersten Runde der Präsidentschaftswahl am Sonntag mit Abstand die meisten Stimmen, verpasst aber die nötige absolute Mehrheit. Ihr Gegner in der Stichwahl ist der Ex-Gouverneur von São Paulo, José Serra.

"Wir bestätigen, dass es zu einer Stichwahl kommt", sagte der Chef der brasilianischen Wahlkommission, Ricardo Lewandowski. Rousseff holte nach Auszählung fast aller Stimmen knapp 47 Prozent, Oppositionschef José Serra kam auf etwa 33 Prozent.

Eine Nachwahlbefragung für den TV-Sender Globo hatte Rousseff zunächst bei 51 Prozent und damit bereits als erste Frau an der Spitze Brasiliens gesehen. Im Laufe der Stimmauszählung wurde allerdings deutlich, dass sich die 62-jährige frühere Guerilla-Kämpferin doch einer zweiten Runde stellen muss. Grund dafür war nicht zuletzt das überraschend starke Abschneiden der Grünen-Kandidatin Marina Silva, die gut 19 Prozent der Stimmen verbuchte.

"Wir haben eine siegreiche Idee verteidigt"

Rousseff sagte vor enttäuschten Anhängern in der Hauptstadt Brasília, sie werde "mit Mut und Energie" in die Stichwahl gehen. Der zweite Wahlgang gebe ihr die Möglichkeit, ihre Vorschläge und Pläne den Wählern besser zu vermitteln. Rousseff hatte im Wahlkampf immer wieder betont, Lulas Politik fortsetzen zu wollen.

Der scheidende Präsident hatte dem südamerikanischen Land in den vergangen acht Jahren ein glänzendes Wirtschaftswachstum und mehr Gewicht in der Welt beschert. Lula genießt Beliebtheitswerte von rund 80 Prozent, durfte aber nach zwei Amtszeiten nicht mehr antreten. In den vergangenen Jahren hatte er Rousseff systematisch als Nachfolgerin aufgebaut.

Grünen-Kandidatin Silva gewann bei der Wahl am Sonntag rund fünf Prozentpunkte mehr, als ihr die Umfragen vor dem Urnengang zugetraut hatten. "Wir haben eine siegreiche Idee verteidigt und Brasilien hat unseren Ruf gehört", sagte die frühere Umweltministerin von Lula. Der Politikwissenschaftler Carlos Alberto de Melo vom Insper Institut in São Paulo sagte, die Unterstützung für Silva sei teilweise eine "Protestwahl" von Lula-Anhängern gewesen, die mit der als Technokratin geltenden Rousseff nicht einverstanden gewesen seien.

Insgesamt waren am Sonntag knapp 136 Millionen Brasilianer aufgerufen, ihre Stimme abzugeben. In Brasilien herrscht Wahlpflicht. Nach Angaben der Wahlkommission kam es während der Stimmabgabe zu keinen gewaltsamen Zwischenfällen. Allerdings wurden rund 650 Menschen wegen mutmaßlichen Wahlbetrugs verhaftet. Sie sollen unter anderem Stimmen gekauft haben.

Offiziell übergibt Lula das Amt am 1. Januar 2011 an seinen Nachfolger. Zu den größten Herausforderungen der kommenden Jahre gehören der Kampf gegen Gewalt und Korruption in dem Land sowie die Verbesserung des Bildungs- und des Gesundheitssystems. In Brasilien findet 2014 die Fußball-WM statt, zwei Jahre später richtet das Land die Olympischen Spiele aus.

(AFP/csr)
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