London bekräftigt Vorwürfe gegen Moskau Fall Skripal führt zu Schlagabtausch im Sicherheitsrat

New York · Der Fall Skripal beschäftigt jetzt auch den UN-Sicherheitsrat. In einer Sitzung am Donnerstag warnt Moskau London, "mit dem Feuer zu spielen", während Großbritannien bei seiner Version bleibt: Russland soll für den Giftanschlag auf den russischen Ex-Spion verantwortlich sein. Erstmals äußert sich dessen Tochter.

 Der russische UN-Botschafter Wassili Nebensja.

Der russische UN-Botschafter Wassili Nebensja.

Foto: dpa, MA lof

Großbritannien hat im Fall Skripal seine Vorwürfe gegen Russland bekräftigt. Gleich eine ganze Reihe von Faktoren habe ihre Regierung zu dem Schluss geführt, dass der frühere Doppelagent Sergej Skripal durch einen Angriff des russischen Staates vergiftet worden sei, sagte die britische UN-Botschafterin Karen Pierce am Donnerstag im UN-Sicherheitsrat. Ihr russischer Amtskollege stellte sein Land indes als Opfer des Westens dar.

Seit dem Giftanschlag auf den 66 Jahre alten Skripal und dessen Tochter Julia Anfang März haben sich die diplomatischen Spannungen verschärft. Großbritannien und zwei Dutzend Verbündete des Westens haben insgesamt mehr als 150 russische Diplomaten ausgewiesen.

Der russische UN-Botschafter Wassili Nebensja sagte am Donnerstag, es sei sehr wahrscheinlich, dass die Geheimdienste anderer Länder für den Vorfall verantwortlich seien. Ohne Namen zu nennen, erklärte er, Ziel der Geheimdienste sei, Moskau die Verwendung einer "fürchterlichen, unmenschlichen Waffe" zu unterstellen und Russland zu beschuldigen, gegen die Chemiewaffenkonvention zu verstoßen.

Damit solle Russlands Rolle nicht nur bei der Suche nach einer Lösung für Syrien, "sondern überall" infrage gestellt werden, so Nebensja. Alles deute daraufhin, dass es sich um eine koordinierte, gut geplante Kampagne handele, um Russland zu diskreditieren und dem Land gar die Legitimation abzusprechen. Nebensja nannte den Fall eine "Mega-Provokation". "Wir haben unseren britischen Kollegen gesagt, dass sie mit dem Feuer spielen und dass es ihnen leid tun wird", warnte er.

Die britische UN-Botschafterin Pierce warf Moskau indes vor, 24 Theorien für den Giftanschlag zu haben - darunter etwa Terrorismus oder dass Großbritannien vom Brexit ablenken wolle. Pierce und Nebensja machten bei ihrem Schlagabtausch im UN-Sicherheitsrat jeweils Spitzen über den fiktiven Detektiv Sherlock Holmes.

Zudem zitierte Nebensja aus "Alice im Wunderland" und warf London vor, im Fall Skripal nicht zu kooperieren, obwohl es sich bei den Opfern um russische Staatsbürger handele. Pierce sagte, Großbritannien habe es Skripals Tochter Julia freigestellt, konsularischen Beistand aus Russland zu bekommen.

Als einen Beleg für Moskaus Verantwortung für den Anschlag wertete Pierce Russlands Erklärung, Ex-Agenten seien Freiwild. Weitere Informationen könne sie nicht offenlegen, sagte sie. Großbritannien freue sich auf den Bericht der Organisation zum Verbot chemischer Waffen, die den Anschlag untersuche. Nach britischer Darstellung sind Skripal und seine Tochter mit dem Nervengift Nowitschok angegriffen worden, das in der Sowjetunion entwickelt worden war.

Unterdessen geht es der vergifteten Tochter des ehemaligen Doppelagenten zunehmend besser. Sie sei vor etwas mehr als einer Woche wieder zu Bewusstsein gekommen und gewinne seither täglich an Kraft, erklärte die 33-Jährige am Donnerstag. Sie bat die Öffentlichkeit, ihre Privatsphäre zu achten. Skripal selbst ist nach Angaben des Krankenhauses weiter in kritischem Zustand.

Das russische Staatsfernsehen veröffentlichte aber am Donnerstag den Mitschnitt eines Telefonats, in dem eine Frau, angeblich Julia Skripal, deren Cousine sagt, auch ihrem Vater gehe es besser. Seine Gesundheit sei nicht irreparabel angegriffen worden, sagte die Frau in der Aufnahme.

(csr)
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