Vermisster Regierungskritiker Apple Watch soll angebliche Ermordung von Chaschukdschi aufgezeichnet haben

Istanbul · Saudi-Arabien bestreitet jegliche Mitschuld am Verschwinden des Regimekritikers Chaschukdschi. Aber türkische Behörden verfügen nach Angaben einer regierungsnahen Zeitung über Tonaufnahmen - demnach soll der Journalist ermordet worden sein.

 Eine Flagge Saudi-Arabiens auf dem Dach des saudi-arabischen Konsulats in Istanbul.

Eine Flagge Saudi-Arabiens auf dem Dach des saudi-arabischen Konsulats in Istanbul.

Foto: dpa/Petros Giannakouris

Der verschwundene saudische Regierungskritiker Dschamal Chaschukdschi soll nach einem türkischen Medienbericht seine Ermordung mit einer Apple-Computer-Uhr aufgezeichnet haben. Die große türkische Zeitung „Sabah“ berichtete am Samstag, dass der Journalist noch vor Betreten des saudi-arabischen Konsulats eine Aufnahmefunktion an seiner Apple Watch eingeschaltet habe. Sein Handy, das er seiner vor dem Konsulat wartenden Verlobten gegeben habe, sei mit der Uhr an seinem Handgelenk synchronisiert gewesen. So seien die Geräusche während seiner Exekution gespeichert worden.

Der türkische Geheimdienst MIT und die Polizei hätten die Daten, die in den iCloud-Speicher übertragen wurden, dann ausgewertet, berichtete „Sabah“ weiter. iCloud ist ein Dienst von Apple, mit dem Daten gespeichert und mehreren Geräten synchronisiert werden können.

„Die Momente, in denen sich das Attentäter-Team ... mit Chaschukdschi beschäftigt hat, wurden Minute für Minute aufgezeichnet“, berichtet die Zeitung. Die Täter hätten aber versucht, einige Daten zu löschen. „Sabah“ beruft sich auf „vertrauenswürdige Quellen“.

Saudi-Arabien hatte vor Erscheinen des Berichts jegliche Mitschuld am Verschwinden des Regimekritikers bestritten. Das Königreich sieht sich nach Angaben des Innenministeriums durch falsche Anschuldigungen in ein schlechtes Licht gerückt. Es sei eine „Lüge“ zu behaupten, die Führung in Riad habe den Journalisten ermorden lassen, bekräftigte das saudische Innenministerium am Samstagmorgen in einer Serie von Tweets. Die Regierung des Königreichs sei „ihren Prinzipien, Regeln und Traditionen verpflichtet“ und handele im Einklang mit internationalen Gesetzen und Abkommen.

Chaschukdschi hatte am 2. Oktober das saudi-arabische Konsulat in Istanbul betreten, um Papiere für seine Hochzeit mit einer Türkin abzuholen. Seither wird er vermisst. Der Journalist publizierte in westlichen Medien unter der englischen Schreibweise seines Namens, Jamal Khashoggi.

Türkische Regierungskreise streuen seit Tagen über Medien die These, dass Chaschukdschi im Konsulat ermordet worden sei. Sie geben zunehmend grausige Details preis. Als Folge tauchte immer öfter die Frage auf, wie die Ermittler zu ihren Erkenntnissen kamen und ob sie die diplomatische Vertretung womöglich mit Abhörgeräten ausspioniert hatten.

Auch US-Präsident Donald Trump hält es offenbar für wahrscheinlich, dass Chaschukdschi tot ist. Nach Chaschukdschis Verschwinden am 2. Oktober in Istanbul habe noch die Hoffnung bestanden, von dem regierungskritischen Journalisten ein Lebenszeichen zu erhalten, sagte Trump am Samstag in Washington. Nach dieser ersten Hoffnung sehe es aber mittlerweile "nicht allzu gut aus".

In einem Bericht der „Washington Post“ hatte es unter Berufung auf die türkische Regierung in der Nacht auf Freitag noch geheißen, es gebe nicht nur Audio-, sondern auch Videoaufnahmen. Diese bewiesen, dass Chaschukdschi im Konsulat ermordet worden sei.

(wer/dpa/rtr)
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