Eine Institution vor dem Aus Fällt das Schweizer Bankgeheimnis?

Genf (RPO). Seit Jahrhunderten sind Schweizer Banker für ihre Verschwiegenheit bekannt. Seit 1935 ist das Bankgeheimnis im Gesetz verankert. Aber in Zeiten der internationalen Finanzkrise zeigt sich das Nachbarland offenbar bereit für einen Paradigmenwechsel. Bei der Bundesratssitzung am Freitag könnte ein wesentlicher Teil der umstrittenen Regelung gekippt werden.

 Präsident und Finanzminister Hans-Rudolf Merz kämpft gegen die "Schwarze Liste" seiner Nachbarn.

Präsident und Finanzminister Hans-Rudolf Merz kämpft gegen die "Schwarze Liste" seiner Nachbarn.

Foto: AFP, AFP

In den vergangenen Monaten war der Druck auf die Alpenrepublik massiv gewachsen. Auslöser war unter anderem ein offener Streit zwischen der US-Justiz und der schweizerischen Vorzeigebank UBS. Die Amerikaner hatten die Bank monatelang aufgefordert, Daten für die Ermittlungen gegen Steuerhinterzieher herauszugeben. Schließlich willigte die Bank ein, 620 Millionen Dollar an US-Behörden zu überweisen. Zudem nannte die Bank die Namen von rund 300 US-Kunden, denen sie bei der Steuerhinterziehung geholfen haben soll.

Auch vor den europäischen Nachbarn reißt die Kritik an der Schweizer Praxis nicht ab. Beim G-20-Treffen Anfang April in London werden Zugeständnisse erwartet. Die Schweiz soll Amtshilfe in Steuerprozessen nicht mehr mit dem Hinweis auf das Bankgeheimnis ablehnen dürfen. Neben anderen Staaten drohen auch Deutschland und Frankreich, die Schweiz auf die "schwarze Liste" der Steueroasen zu setzen. Eine Drohung, die offenbar wirkt. Die Schweiz kündigte Gesprächsbereitschaft an. Die Bundesratssitzung am Freitag soll entsprechende Grundlagen schaffen.

Wesentlich geht es um die Frage, ob das Schweizer Recht auch künftig zwischen Steuerhinterziehung und Steuerbetrug unterscheiden soll. Die bisherige Regelung definiert Steuerhinterziehung als sogenannte einfache Steuerwiderhandlung. Dies trifft dann zu, wenn ein Bürger Vermögen falsch deklariert oder verschweigt. In diesem Fall ist der Hinterzieher nicht verpflichtet, seine Bankdaten offenzulegen. Die Finanzbehörden schätzen sein Vermögen und belegen ihn gegebenfalls mit einer Geldbuße. Das Bankgeheimnis fällt erst bei Steuerbetrug. Dieser liegt zum Beispiel vor, wenn der Sünder Dokumente wie Lohnabrechnungen in betrügerischer Absicht fälscht.

Fällt diese Unterscheidung weg, müssten die Banker der Alpenrepublik verstärkt Amtshilfe im Ausland leisten. Die konervative SVP sowie die FDP kündigten heftigen Widerstand an. Das Bankgeheimnis ist für sie eine "heilige Kuh".

Bundespräsident Hans-Rudolf Merz, der gleichzeitig Finanzminister der Schweiz ist, sieht die Dinge im Hinblick auf das G-20-Treffen pragmatischer. Sein Land habe drei Optionen - die Abschaffung, eine Verstärkung oder eine dynamische Weiterentwicklung des Bankgeheimnisses. Er persönlich bevorzuge die dritte Möglichkeit. Diese Äußerung wird im Ausland als Hinweis auf ein mögliches Einlenken der Schweiz gewertet. Ein wesentlicher Teil des Schweizer Bankgeheimnis dürfte dann bald Geschichte sein.

(AFP)
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