Kampf gegen IS Experte: "USA haben Kobane verloren gegeben"

Kobane/Washington · Während die IS-Terrorkämpfer am Samstag weiter schwere Angriffe auf Kobane starten, haben die USA nach Einschätzung des US-Experten Jackson Janes die syrische Grenzstadt im Kampf gegen die Dschihadistengruppe Islamischer Staat längst aufgegeben.

Kobane: IS und Kurden kämpfen an türkisch-syrischer Grenze
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Der dramatische Kampf um Kobane

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Foto: afp, am/MM

"Kobane wird ein Opfer sein", sagte Janes von der Johns Hopkins University am Samstag dem Sender Deutschlandradio Kultur. Ein Signal dafür sei, dass die von den USA geführte Militärkoalition gegen den IS erst am kommenden Dienstag zu Beratungen über die Krise zusammenkomme.

Selbst ein drohendes Massaker an Zivilisten ähnlich wie in Srebrenica würde nicht dazu führen, dass die USA ihre Strategie änderten und Bodentruppen einsetzten, sagte Janes. In den USA herrsche nach dem Irak-Krieg die Haltung, keine Truppen zu entsenden, solange nicht die unmittelbaren Nachbarn in der Region aktiv werden. Und die Türkei, an deren Grenze Kobane liegt, ist dazu noch nicht bereit. "Das ist ein schwerwiegendes Argument", sagte der Direktor des American Institute for Contemporary German Studies.

Nach einer Eroberung von Kobane durch den IS werde es gegenseitige Schuldzuweisungen geben, da die Türkei darauf bestehe, keinen alleinigen Vorstoß zu machen, und Washington zunächst die Kräfte in der Region am Zug sehe. "Wenn selbst die unmittelbaren Nachbarn nicht eingreifen, warum sollten wir das tun?", sei die vorherrschende Meinung in der US-Öffentlichkeit und im Kongress. Ohne Bodentruppen sieht Janes die Grenzstadt verloren: "Selbst eine Supermacht ist nicht in der Lage, so eine Krise zu lösen, ohne den Einsatz von Truppen. Es ist blamabel, es ist eine Katastrophe", aber momentan wohl "eine gegebene Tatsache (...), man nimmt das in Kauf".

Nach mehrwöchiger Belagerung haben die IS-Extremisten am Freitag nach Angaben von Aktivisten das Hauptquartier der kurdischen Milizen erobert und kontrollieren inzwischen 40 Prozent der Stadt direkt an der türkischen Grenze. Der UN-Sondergesandte für Syrien, Staffan de Mistura, befürchtet ein "Massaker" an den bis zu 10.000 eingekesselten Zivilisten.

Schwere Angriffe am Samstag

Am Samstag hat der IS seine Angriffe auf Kobane weiter intensiviert und die syrisch-kurdische Grenzstadt von drei Seiten aus in die Zange genommen. Der kurdische Aktivist Farhad al-Schami berichtete der Deutschen Presse-Agentur am Telefon aus der umkämpften Enklave an der Grenze zur Türkei, es gebe heftige Gefechte im Süden, Westen und vor allem im Osten der Stadt. Den nur mit leichten Waffen ausgerüsteten kurdischen Kämpfern sei es gelungen, während der Nacht mindestens sieben Angriffe der Dschihadisten im Südwesten zurückzuschlagen.

Ismat Hassan vom Verteidigungsrat in Kobane sagte der kurdischen Nachrichtenagentur Welati, seine Kämpfer hätten nachts mindestens zwei Selbstmordanschläge von IS-Angreifern in der Nähe des Zentrums vereitelt.

(AFP)
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