Ex-Geheimagent taucht ab Liebesgrüße aus Moskau an Donald Trump

Düsseldorf · Eine Story wie bei James Bond: Ein britischer Ex-Agent soll im Auftrag von Trump-Gegnern aus Washington belastende Informationen über dessen russische Kontakte ausgegraben haben. Beweise für deren Echtheit gibt es bisher nicht.

 Künftiger US-Präsident Trump: Ex-Agent sammelte Informationen über seine Geschäfte in Russland

Künftiger US-Präsident Trump: Ex-Agent sammelte Informationen über seine Geschäfte in Russland

Foto: dpa, JJ hpl

Christopher Steele hat es offenbar ziemlich eilig gehabt. "Kümmern Sie sich bitte um meine Katze", habe er ihn gebeten, erzählt ein Nachbar. Er müsse für ein paar Tage verreisen. Dann habe Steele die Tür zu seiner Wohnung in der Grafschaft Surrey südlich von London abgeschlossen und sei mit unbekanntem Ziel verschwunden. "Untergetaucht" trifft es wohl besser. Denn Steele, ehemaliger Agent des britischen Auslandsgeheimdienstes MI 6 und Mitinhaber der in London ansässigen privaten Sicherheitsfirma Orbis Business Intelligence, ist der Mann, der das brisante Dossier mit angeblichen Geheiminformationen über Donald Trumps Verbindungen zu Russland ausgegraben hat. Seit sein Name in die Medien geraten ist, hat Steele Angst um sein Leben.

Der 35-seitige Rapport, der Informationen über Trumps Geschäfte in Russland sowie detaillierte Berichte über vermeintliche Sex-Eskapaden bei einem Trump-Aufenthalt in einem Moskauer Hotel enthält, war am Dienstag publik geworden, einen Tag vor Trumps mit Spannung erwarteter erster Pressekonferenz seit seiner Wahl zum US-Präsidenten. Trump bezeichnete ihn wütend als Unsinn. "Das sind alles Falschnachrichten, es ist alles erfundenes Zeug, es ist nicht passiert", schimpfte er. Zuvor hatte der designierte Präsident bereits per Twitter seinen Verdacht in die Welt hinausposaunt, die US-Geheimdienste hätten das Schmuddel-Dossier in Umlauf gebracht. Er fühle sich an Nazi-Deutschland erinnert, schrieb Trump, sprach von einer "Hexenjagd" auf seine Person und kündigte Konsequenzen an.

US-Geheimdienstdirektor James Clapper zeigte sich "zutiefst bestürzt" über die Veröffentlichung des Berichts, die er als "äußerst zerstörend und schädlich für unsere nationale Sicherheit" bezeichnete. Clapper beharrte aber darauf, dass die Dokumente nicht von den US-Diensten stammten und er auch nicht glaube, dass sie für ihre Veröffentlichung verantwortlich seien. In der Frage, ob die Informationen über Trump denn glaubwürdig seien, wollte sich Clapper aber bemerkenswerterweise nicht festlegen.

"Kompromat" hat in Russland Tradition

Denn für vollkommen abwegig halten Geheimdienstkreise das Szenario nicht, wonach das belastende Material gegen Trump ursprünglich vom russischen Geheimdienst zusammengestellt wurde. Das Sammeln oder auch Fälschen belastender Dokumente ("Kompromat"), um Gegner zu erpressen, hat in der russischen Politik Tradition. Oft geht es dabei um Belege für Korruption oder kriminelle Machenschaften, manchmal aber auch um Beweise für sexuelle Eskapaden, die zur Waffe werden können.

Klar scheint, dass das brisante Papier über Trumps Russland-Connection schon seit einigen Wochen in Washington kursierte. Nach einem Bericht des Senders CNN hat die US-Bundespolizei FBI es im Dezember erhalten. Der republikanische Senator und frühere US-Präsidentschaftskandidat John McCain habe zuvor von der Existenz des Dossiers erfahren, es beschafft und an FBI-Chef James Comey weitergeleitet. Was plausibel klingt: Der alte Haudegen McCain gilt als eingefleischter Trump-Gegner und hält Russlands Präsidenten Wladimir Putin für eine Bedrohung.

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"Die Ära Trump beginnt im Gewitter"

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Doch wer gab die Informationsbeschaffung in Auftrag? Die "New York Times" berichtet, der Auftrag, sensible und potenziell belastende Informationen über Trump zu sammeln, sei ursprünglich aus dem Umfeld eines republikanischen Kontrahenten Trumps gekommen. Ein unbekannter, wohlhabender Spender, der Trump ablehnt, habe das Geld dafür aufgebracht, berichtet die Zeitung. Bestellt wurde der Rapport demnach bei der Washingtoner Politikberatungsfirma Fusion GPS. Nach dem Sieg Trumps bei den Vorwahlen der Republikaner habe Fusion GPS die Recherchen dann im Auftrag von Geldgebern aus dem Umfeld der Demokraten fortgesetzt. Als die Schnüffelei immer brisanter und schwieriger wurde, sei der Ex-Agent Steele von Fusion GPS engagiert worden.

Steele war Anfang der 90er Jahre für den britischen Geheimdienst als Agent in Moskau und konnte sich bei seinen Nachforschungen zu Trumps Verbindungen in die russische Geschäftswelt und Politik auf seine alten Kontakte stützen. Der Mann ist ein Profi. Er gelte in Geheimdienstkreisen als "außerordentlich hoch angesehen", berichtete die BBC. Steele soll aber irgendwann kein Geheimnis mehr um seinen Auftrag gemacht haben. Er habe Journalisten in den vergangenen Monaten wiederholt über Details aus dem Dossier informiert, schreibt der "Telegraph".

(bee)
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