Stellvertreter nun Spitzenkandidat Ex-Bürgermeister von Sao Paolo will Präsident in Brasilien werden

Curitiba · Brasiliens Ex-Staatschef Lula sitzt wegen Korruptionsvorwürfen in Haft und darf nicht zur Präsidentschaftswahl antreten. Nun geht sein Vize für die Arbeiterpartei ins Rennen. Doch dieser ist weniger beliebt als ein kürzlich mit einem Messer attackierter, für seine Entgleisungen berüchtiger Rechtsextremist.

Die brasilianische Arbeiterpartei (PT) zieht mit Fernando Haddad ins Rennen um das Präsidentenamt. Er tritt an die Stelle von Ex-Präsident Inácio Lula da Silva, der wegen Korruption zu zwölf Jahre Haft verurteilt worden war und deshalb nicht kandidieren darf. Diesen Beschluss der Parteiführung gab Parteichefin Gleisi Hoffmann am Dienstag in der südbrasilianischen Stadt Curitiba bekannt, wo Lula im Gefängnis sitzt. Der tief gefallene Häftling unterstützte in einem offenen Brief die Kandidatur Haddads, der eigentlich als sein Stellvertreter ins Rennen hätte gehen sollen.

Die Präsidentenwahl in Brasilien ist am 7. Oktober. Als Ex-Bürgermeister der Millionenmetropole São Paulo lag Haddad in Umfragen bislang weit hinter dem rechtsextremen Kandidaten Jair Bolsonaro. Dieser war vor einer Woche bei einer Messerattacke schwer verletzt worden, erholt sich aber nach Angaben der behandelnden Ärzte.

Eine am Dienstag veröffentlichte Umfrage zeigt einen Anstieg Haddads in der Wählergunst von 4 auf 9 Prozent im Laufe der letzten drei Wochen. Laut der jüngsten Erhebung vom 10. September kann Bolsonaro auf 24 Prozent der Wählerstimmen zählen. Dies entspricht einem Anstieg von zwei Prozentpunkten im Vergleich mit der letzten Umfrage vor dem Attentat. Der linke Kandidat Ciro Gomez steht demnach an zweiter Stelle mit 14 Prozent. Lula kam bis auf knapp 40 Prozent in den Umfragen, bevor seine Kandidatur verboten wurde.

Erreicht keiner der Kandidaten in der ersten Wahlrunde die absolute Mehrheit, findet am 28. Oktober eine Stichwahl statt. Nach der jüngsten Umfrage würde Bolsonaro in diesem Fall gegen jeden der vier bestplatzierten Rivalen verlieren.

Bolsonaro ist dafür bekannt, dass er gegen Homosexuelle und Schwarze hetzt und die Militärdiktatur (1964-1985) verherrlicht. Immer wieder schockiert er mit verbalen Entgleisungen. Einer Politikerin bescheinigte er einmal, sie habe es nicht verdient, vergewaltigt zu werden, „weil sie sehr hässlich ist“. Ein anderes Mal sagte er, die Anhänger von Lulas linker Arbeiterpartei sollten erschossen werden.

(sbl/dpa)
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