Evakuierung verschoben Ukraine wirft Russland Verletzung von Feuerpause für Mariupol vor

Mariupol · Die Behörden der ukrainischen Stadt Mariupol haben den russischen Truppen eine Verletzung der vereinbarten Feuerpause vorgeworfen. Die Evakuierung von Zivilisten wurde daher zunächst verschoben.

Die ukrainische Regierung hat Russland einen Verstoß gegen die vom russischen Verteidigungsministerium bekanntgegebene Waffenruhe vorgeworfen. Die Evakuierung von Zivilisten in Mariupol sei eingestellt worden, teilte das Büro von Präsident Wolodymyr Selenskyj am Samstag mit. „Die russische Seite hält sich nicht an die Waffenruhe und hat weiter auf Mariupol selbst und Umgebung geschossen“, sagte Kyrylo Timoschenko aus dem Präsidentenbüro.

Das russische Verteidigungsministerium hatte mitgeteilt, dass es sich mit ukrainischen Truppen auf Evakuierungsrouten für die südostostukrainische Stadt Mariupol und die ostukrainische Stadt Wolnowacha geeinigt habe. Der stellvertretende Bürgermeister von Mariupol, Serhij Orlow, sagte der BBC, Russland setze „weiter schwere Artillerie und Raketen ein, um Mariupol zu bombardieren“.

Die Evakuierung solle „ab 10.00 Uhr Moskauer Zeit“ möglich sein, teilte das Verteidigungsministerium mit. Wie lange die Evakuierung zugelassen werden sollte, wurde in der Erklärung nicht näher angegeben.

Der Leiter der militärisch-zivilen Verwaltung von Donezk, zu der auch Mariupol gehört, teilte mit, die Waffenruhe dort werde bis 16.00 Uhr Ortszeit (15.00 Uhr deutscher Zeit) gelten. Pawlo Kirilenko gab weiter an, ein humanitärer Korridor werde von Mariupol bis nach Saporischschja etwa 226 Kilometer entfernt reichen. Die Evakuierung auf diesem Weg sollte demnach um 11.00 Uhr (Ortszeit) anfangen.

Der Leiter des ukrainischen Sicherheitsrats, Olexij Danilow, hatte Russland aufgerufen, humanitäre Korridore für Kinder, Frauen und ältere Menschen einzurichten. Solche Korridore seien das Dringlichste.

Selenskyj kritisierte am Freitagabend, dass die Nato keine Flugverbotszone über der Ukraine einführen will. „Alle Menschen, die von heute an sterben, werden auch wegen Ihnen sterben, wegen Ihrer Schwäche, wegen Ihres Mangels an Einigkeit“, sagte er in einer Ansprache. „Die Allianz hat grünes Licht für die Bombardierung ukrainischer Städte und Dörfer gegeben, indem sie sich geweigert hat, eine Flugverbotszone einzurichten.“

Die Nato hatte argumentiert, eine Flugverbotszone könnte zu einem größeren Krieg mit Russland in Europa führen. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg gab an, bei einer Flugverbotszone müssten Nato-Kampfflugzeuge russische Flugzeuge abschießen. Er verstehe aber die Verzweiflung.

Wenn es eine Flugverbotszone gäbe, dürften nicht zugelassene Flugzeuge den ukrainischen Luftraum nicht nutzen.

Eine Bewohnerin in Tschernihiw, wo Einheimische russischen Beschuss meldeten, warf Europa vor, einfach zuzuschauen. „Wir wollten der Nato und der EU beitreten und das ist der Preis, den wir zahlen“, sagte sie. „Und die Nato kann uns nicht schützen.“

(lha/dpa)
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