Unser Report vor Ort Eva Luise Köhler — hitzefeste First Lady

Asuncion (RP). Es ist eine der wenigen weltumspannenden Traditionen, dass die Ehefrauen von Staatsoberhäuptern sich ehrenamtlich für soziale und kulturelle Zwecke engagieren. So auch Eva Luise Köhler, die nach der Wahl ihres Mannes zum Bundespräsidenten unter anderem die Schirmherrschaft für die Allianz Chronischer Seltener Erkrankungen (Achse) sowie den Vorsitz der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung übernahm.

Die Südamerika-Reise von Horst Köhler
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Dementsprechend besteht das so genannte "Damenprogramm" für die "First Ladies" bei Staatsbesuchen vor allem in der Besichtigung von Sozialprojekten und Kultureinrichtungen. So auch das "Sonderprogramm" von Eva Luise Köhler in Paraguays Hauptstadt Asuncion, während ihr Mann die üblichen politischen Gespräche mit seinem Amtskollegen und den Repräsentanten des Parlaments oder des obersten Gerichtshofs führt.

Dabei kann Eva Luise Köhler nur staunen über den enorm großen Aufwand, mit dem die Ehefrau des paraguayischen Präsidenten, Maria Gloria Penayo de Duarte, ihr soziales Engagement organisiert. 57 hauptamtliche Mitarbeiter stehen ihr dafür zur Verfügung. Zum Vergleich: Das Büro von Frau Köhler im Bundespräsidialamt verfügt über nur anderthalb Planstellen. Paraguay ist zwar etwas größer als Deutschland, hat aber weniger als zehn Prozent an Einwohnern, etwa 6,5 Millionen.

In Südamerika ist die Tradition der sozialen Wohltätigkeit der "Premera Damas", der Präsidentengattinnen, noch sehr viel stärker ausgeprägt als in Europa, schon die legendäre Evita Peron in Argentinien arbeitete sich damit in die Herzen des Volkes. Frau Duarte sammelt vor allem Spenden und schiebt damit eine Vielzahl von Hilfsprojekten an. Und damit dort jeder die Wohltätigkeit und deren Urheberin erkennen kann, steht auf großen Plakaten "Despacho de la Primera Dama de la Nación": Büro der First Lady der Nation.

Besonders stark engagiert Frau Duarte sich für die Einrichtung von Kommunalzentren in den ärmsten Vierteln Asuncions. Ihrer deutschen Besucherin zeigte sie das Zentrum "Tablada Nueva", das unter dem großen Blechdach seiner Halle eine Hygiene- und Gesundheitsstation mit einer Näherei-Schule, einer Produktionsanlage für Sojamilch sowie Küche und Speisesaal für Bedürftige vereint. Rund die Hälfte der Einwohner in diesem Viertel sind zwischen 15 und 19 Jahren alt, vorwiegend Landflüchtlinge, die immer noch in großer Zahl in die Stadt strömen. Während die beiden First Ladies die Halle besichtigen, werden gerade hundert fröhlich-schnatternde Kinder mit Nudeln und Tomaten-Fleisch-Sauce beköstigt.

Eva Luise Köhler erweist sich nicht nur als geduldige und interessierte Zuhörerin, sondern nebenbei auch als hitzefest und tropentauglich. Denn die großen Ventilatoren unter der Decke bringen keinerlei Abkühlung, sie verquirlen nur die fast 40 Grad heiße und über 90 Prozent feuchte Luft. Während fast alle anderen in der kleinen Delegation förmlich zerfließen, scheint das alles Frau Köhler in ihrem grau-grünen Hosenanzug gar nichts auszumachen. Auf ein leichtes Sommerkleid kann sie in Paraguay nicht ausweichen, denn wegen der Dengueefieber-Epidemie sind lange Hosen angesagt - gegen die Mücken, die das gefährliche Fieber übertragen.

Einen heißen Tanz in glühender Sonne bekamen die beiden Damen zuvor beim Indianerstamm der Maká zu sehen. Dessen rund 1500 Angehörige leben zumeist in ärmlichen Blechhütten am Rand der Hauptstadt Asuncion, wie überhaupt die indianische Urbevölkerung buchstäblich an den Rand der Gesellschaft gerückt ist. Nur etwa 1,5 Prozent der Bevölkerung Paraguays sind noch Indigene, wie die Ureinwohner heute politisch korrekt genannt werden. Maká-Häuptling Cacique Andrés Chemey begrüßte Frau Köhler in der Indianersprache Guaraní und erläuterte ihr die Bedeutung des vorgeführten Häuptlingstanzes.

"Visión" - Augenklinik für Arme

Ein besonders erfreuliches Hilfsprojekt besuchten die Damen am Nachmittag, eine Augenklinik der Stiftung "Visión", die von der Christoffel Blindenmission unterstützt wird. Zigtausend Blinde leben in Paraguay, die nur deshalb nichts sehen, weil sie arm sind und ihren Grauen Star nicht operieren lassen können. Der Augenarzt Rainald Duerksen, in Paraguay geborener Sohn deutschsprachiger Mennoniten, die insgesamt im Land eine enorm wichtige und hilfreiche Rolle spielen, hat das Projekt zum Leben erweckt. Das Besondere: Die Augenklinik behandelt Arme umsonst und trägt sich durch eine Mischfinanzierung, indem wohlhabendere Patienten mehr zahlen.

Ehrenamtliche Helfer suchen im dünn besiedelten Landesinnern die Erblindeten auf und bringen sie zur Operation in die Klinik. Frau Köhler zeigte sich so beeindruckt von Duerksens Engagement, dass sein dezenter Hinweis, wie sehr moderne Medizingeräte der deutschen Firma Zeiss die Behandlungsmöglichkeiten verbessern könnten, gewiss in Deutschland mit dem nötigen Nachdruck weitergeleitet wird.

Erst am Abend im Hotel, wenn Eva Luise und Horst Köhler die Eindrücke aus ihren Besichtigungen sowie seinen Gesprächen mit Vertretern aus Politik und Wirtschaft zusammenführen, können sie gemeinsam ein halbwegs vollständiges Bild der Lage in Paraguay gewinnen.

(RP)
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