Geheimdienste hoffen auf besseren Informationsaustausch Europäische CIA gegen "Gotteskrieger"?

Berlin (rpo). Könnte eine europäische CIA den islamistischen "Gotteskriegern" erfolgreicher Paroli bieten? Die Idee von Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) wurde am Montag jedenfalls bei in- und ausländischen Geheimdiensten positiv aufgenommen.

Der Gedanke könnte bei der für nächsten Montag erwarteten Eilkonferenz der EU-Innenminister eine "große Rolle spielen", war aus deutschen Geheimdiensten zu hören. Es müsse "endlich gelingen, die Abwehrmaßnahmen gegen den Terrorismus aufeinander abzustimmen".

Ein großes Problem sei, dass es bei der Zusammenarbeit zwischen den Geheimdiensten Europas immer "noch schwer hapert". So verlautete aus deutschen Nachrichtendiensten herbe Kritik am Krisenmanagement Spaniens: "Die Spanier haben uns nach den Anschlägen längere Zeit mit aufklärenden Informationen im Dunkeln gelassen." Nach der Sitzung des Sicherheitskabinetts am Sonntag in Berlin hatte sich auch Schily in dieser Richtung geäußert. "Wir hätten es gern gesehen, dass wir über bestimmte Sachverhalte früher informiert worden wären", hatte der Minister wissen lassen.

Zuvor hatte Schily erklärt, sollte sich herausstellen, dass islamistische Fundamentalisten hinter den Madrider Anschlägen stecken, würde das auch für Deutschland und für ganz Europa eine "neue Bedrohungslage bedeuten". Als eines der dringlichsten Probleme bezeichnete es das Bundesinnenministerium, den Datenaustausch zwischen den Sicherheitsbehörden der Länder sicherzustellen. Die Geheimdienste in Europa kochen nach Angaben von Sicherheitsexperten "immer noch zu viel ihr eigenes Süppchen". Es wird allerdings schon jetzt angezweifelt, ob sich dieses "Manko" durch eine einzige Konferenz beheben lässt.

Unter den Europäern geht angesichts der Anschläge in Madrid die brisante Frage um: Welches Land greifen die "Gotteskrieger" als nächstes an? In italienischen Geheimdienstkreisen wird eine bisher öffentlich nicht bekannte Warnung der Islamisten äußerst ernst genommen. Danach wollen Islamisten "das Herz des Christentums angreifen, Rom, den Sitz des Papstes". Italien gehört wie Spanien zur "Koalition der Willigen" der USA im Irak-Krieg. Der Luftraum über dem Vatikan wurde geschlossen.

Von Vertretern deutscher Geheimdienste wurde darauf hingewiesen, dass die Islamisten in Spanien mit ihren Anschlägen schon ein Ziel erreicht hätten: Unter dem Eindruck der verheerenden Attentate haben die Wähler das Taktieren der konservativen Regierung im Vorfeld des Wahlsonntags "abgestraft".

Die Madrider Regierung hatte "voreilig" der lange bekämpften baskischen Untergrundorganisation ETA die Schuld an dem Terror gegeben, um mit dieser für sie "günstigen Interpretation" das Votum für sich zu entscheiden. Die Sozialisten entschieden die Wahlen schließlich für sich. Sie kündigten sofort an, die 1500 spanischen Soldaten aus dem Irak abzuziehen. Das spanische Volk war gegen die Teilnahme am US-Krieg zwischen Euphrat und Tigris. Jetzt sorgen sich auch die Polen, die ebenfalls Soldaten im Irak stationiert haben, ob sie möglicherweise die nächsten sind, die von den Islamisten angegriffen werden.

Die westlichen Geheimdienste wären nach eigener Aussage "schon zufrieden, wenn wir wenigstens in Reichweite zu den Terroristen kommen könnten". Ein "Eindringen in die abgeschotteten Strukturen ist unmöglich", sagte ein Geheimdienstexperte der Nachrichtenagentur ddp in Berlin. In Madrid habe sich gezeigt, dass den Islamisten jetzt "ein Quantensprung" in ihrem Kampf gegen die nach ihrer Ansicht Ungläubigen auf der ganzen Welt gelungen sei. Mit "klassischen Methoden" wie einem offenem Krieg im Irak seien die Gotteskrieger nicht aufzuhalten.

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