Einst durch BSE-Krise beschlossen EU prüft Lockerung von Tiermehl-Verbot

Düsseldorf (RPO). Es ist ein Verbot, dass unserem ästhetischen Empfinden entspricht: Tiere dürfen in EU-Staaten nicht mit dem Mehl aus Kadavern anderer Tiere gefüttert werden. Aber: Tiermehl ist ein wichtiger Eiweiß-Lieferant für die Mast. Und der Ersatz durch pflanzliche Eiweiße, etwa aus Soja, ist teuer. Nun erwägt die EU, das Tiermehl-Verbot zu lockern.

BSE - der Rinderwahn
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Foto: ddp

Das Verfüttern von Tiermehl aus Schlachtabfällen an Masttiere ist in der EU verboten. Doch das könnte sich ändern. Die EU-Kommission arbeitet derzeit an einem Gesetzesvorschlag, der das generelle Verbot lockern soll. Dann könnten zumindest Schweine, die naturgemäß Allesfresser sind, wieder mit tierischem Eiweiß aus Tiermehl gefüttert werden.

Das Verbot hat seine Wurzeln in der BSE-Krise, die vor gut zehn Jahren auch Deutschland erreichte: Die Bovine Spongiforme Enzephalopathie (BSE) entstand nach bisherigem Stand des Wissens dadurch, dass Rinder, die von Natur aus Pflanzenfresser sind, mit Tiermehl aus Schlachtabfällen gefüttert wurden. Und diese stammten zu allem Überfluss von an Scrapie erkrankten Schafen.

Bereits in den 80er Jahren gab es erste Fälle der Rinderseuche in Großbritannien. Etwas zeitversetzt trat in Großbritannien eine neue Variante der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit beim Menschen auf. BSE steht daher im Verdacht, mit der schweren Hirnerkrankung in Verbindung zu stehen. Ganze Rinderherden, in denen BSE-Verdachtsfälle auftraten, wurden daraufhin getötet und ihr Fleisch vernichtet.

In der Konsequenz trat am 1. Januar 2001 ein EU-weites Verbot in Kraft, das den Einsatz von Tiermehl in Futtermitteln generell untersagt. Es handelte sich dabei um eine Verschärfung des Gesetzes von 1994, das bereits die Verfütterung von Tiermehl an Wiederkäuer untersagte - die Fütterung an Schweine oder Geflügel blieb zunächst erlaubt.

Verbot "voreilig und emotional"

Genau diese Verschärfung wieder zurückzunehmen, wird nun in der EU-Kommission diskutiert. Die EU-Abgeordnete Dagmar Roth-Behrendt (SPD) sprach sich in einem WDR-Bericht entschieden für die Lockerung aus. Sie bezeichnete das Verbot als eine "sehr voreilige und rein emotionale Entscheidung", da BSE nur Wiederkäuer befalle. Ein Verbot von tierischem Eiweiß in der Schweinemast sei nicht sinnvoll.

Die Schweinewirte dürfte die Debatte freuen: Denn zur Zeit muss in der Mast pflanzliches Eiweiß als Ersatz eingesetzt werden, das vor allem aus Soja stammt - und das ist teuer. Eine Lockerung des Verbots könnte daher sinkende Futtermittelpreise in der EU mit sich bringen, und das würde größere Profite für die Bauern bedeuten. Das liegt daran, dass dann Schlachtabfälle, die derzeit nicht verfüttert werden dürfen, sondern verbrannt oder als Düngemittel verwendet werden, wieder in die Futtermittelindustrie einfließen.

Der Soja-Import birgt zudem auch ökologische und soziale Probleme. Die Soja-Erzeugnisse werden zu Millionen Tonnen nach Europa importiert, meist aus Südamerika. Dort konkurrieren sie mit den Anbauflächen der heimischen Bauern zur Nahrungsmittelproduktion. Zudem wird laut Roth-Behrendt zur Erweiterung der Soja-Ackerflächen massenweise Regenwald vernichtet.

Die EU-Kommission arbeitet bereits an einem entsprechenden Gesetzesentwurf, der den Einsatzu von Soja zumindest drastisch reduzieren könnte. Das Verbot der Tiermehl-Fütterung an Wiederkäuer wie Rinder und Schafe soll allerdings bestehen bleiben. Auch die Verfütterung von Tiermehl aus der gleichen Art, also aus Schweine-Kadavern an Schweine, soll untersagt bleiben. Strenge hygienische und Kennzeichnungs-Vorkehrungen sollen eine neue Seuche verhindern. Die Vorlage eines entsprechenden Vorschlags könnte Ende des Jahres erfolgen. Die rechtlichen Voraussetzungen für eine tatsächliche Lockerung des Verbots könnten somit Ende 2012 geschaffen sein.

(jre)
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