Roma-Streit EU leitet Verfahren gegen Frankreich ein

Brüssel (RPO). Die EU-Kommission leitet wegen der Roma-Abschiebungen ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Frankreich ein. Frankreich sieht sich dennoch als Sieger.

 Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy will die Rentenreform unterzeichnen.

Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy will die Rentenreform unterzeichnen.

Foto: AFP, AFP

Mit den Massenausweisungen verstößt Paris nach Überzeugung Brüssels gegen die Freizügigkeitsrichtlinie von 2004. "Wir haben deswegen heute beschlossen, ein Verfahren einzuleiten", sagte Justizkommissarin Viviane Reding. In einer Erklärung der Kommission heißt es, Frankreich werde formell über das Verfahren informiert, wenn es nicht bis zum 15. Oktober einen detaillierten Plan für die vollständige Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht vorlegt.

Paris hat in den vergangenen Monaten mehr als 1.000 Roma nach Bulgarien oder Rumänien ausgewiesen und mehr als hundert illegale Lager aufgelöst. Reding warf den französischen Behörden deswegen Diskriminierung und einen Verstoß gegen die Grundrechte und Werte der EU vor. Ein Vertragsverletzungsverfahren wegen Diskriminierung wird es nun aber nicht geben. Dafür fehle der juristische Beweis, räumte Reding in einem Interview mit der Nachrichtenagentur AP ein. "Die Kommission kann nicht nur wegen des Eindrucks, dass etwas falsch lief, ein Verfahren eröffnen."

Die französische Regierung hat stets beteuert, die Abschiebungen richteten sich nicht gegen eine bestimmte Volksgruppe. Dass Reding ihr Vorgehen in Bezug zu Deportationen während des Zweiten Weltkriegs gesetzt hatte, sorgte für einen Eklat zwischen Brüssel und Paris. Der französische Staatschef Nicolas Sarkozy sah sein Land beleidigt und reiste erst nach einer Entschuldigung Redings zum EU-Gipfel in der vorvergangenen Woche an.

Frankreich feiert sich als Sieger

Am Mittwoch feierte sich Frankreich als Sieger. Die Einleitung des Verfahrens sei kein Schlag, sondern "das Gegenteil", sagte Einwanderungsminister Eric Besson. Denn die Kommission habe eingeräumt, dass es keine Diskriminierung gegeben habe. "Frankreich geht mit erhobenem Haupt aus dem Schlagabtausch mit der Kommission heraus", sagte er vor Abgeordneten.

An einem Verstoß Frankreichs gegen die Freizügigkeitsrichtlinie hat die Kommission allerdings keinen Zweifel. Diese erlaubt Ausweisungen von EU-Bürgern nur nach einer Prüfung der persönlichen Umstände eines jeden Betroffenen: Über die Länge seines Aufenthaltes, seine Verbindung zum Gastland, seine ökonomische oder gesundheitliche Situation. "Frankreich hat diese Verfahrensgarantien nicht gegeben", sagte Reding. "Dass muss korrigiert werden und deswegen hat die Kommission heute gehandelt."

Wird das Verfahren in zwei Wochen formell eröffnet, kann Frankreich zunächst seine Sicht der Dinge darstellen. Kommt die Regierung dann nicht der verlangten Politikänderung der Kommission nach, kann diese den Europäischen Gerichtshof anrufen. Der wiederum kann hohe Geldstrafen verhängen.

(dapd/sdr)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort