Trump-Wähler aus Essen "Deutsche nehmen ihn zu wörtlich"

Essen · Im Essener Szenestadtteil Rüttenscheid führt der US-Amerikaner Nicholas Smith das Restaurant "Gringos". Der 29-Jährige stammt aus Kalifornien und steht dazu, seine Stimme Donald Trump gegeben zu haben. Im Interview spricht er über seine Erwartungen an die Regierung.

Das ist das Kabinett von Donald Trump
17 Bilder

Das ist das Kabinett von Donald Trump

17 Bilder

Herr Smith, Sie sind ja einer der wenigen in Deutschland lebenden Amerikaner, der bekennender Trump-Fan ist. Ein Problem für Sie?

Smith Nein, einige Leute haben zwar zu einem Boykott aufgerufen, und es wurden abwegige Kommentare auf unserer Facebook-Seite gepostet, aber manche Gäste kommen extra, um mich zu unterstützen. Am liebsten sind mir fast die, die anderer Meinung sind, aber oft vorbeikommen und diskutieren. Die USA und Deutschland sind liberale Länder — uns eint mehr, als uns trennt.

Die Deutschen sorgen sich vor einem unbeherrschten US-Präsidenten.

Smith Es gibt ein grundsätzliches Missverständnis: Die Deutschen nehmen Donald Trump zu wörtlich, aber nicht ernst. Er kritisiert zum Beispiel die Nato zwar als "obsolet", meint aber, sie hätte früher gegen den Terror vorgehen müssen und habe alle Lasten den USA aufgebürdet. Nun müssen eben die Europäer auch mehr für ihren Schutz zahlen. Es kann nicht sein, dass in den USA die Straßen verkommen, nur weil wir zwei Drittel der Nato-Ausgaben zahlen. In Deutschland sind Hochschulen umsonst, bei uns meistens nicht — das ist nicht gerecht.

 Nicholas Smith führt im Essener Szenestadtteil Rüttenscheid das Restaurant "Gringos".

Nicholas Smith führt im Essener Szenestadtteil Rüttenscheid das Restaurant "Gringos".

Foto: imago

Bei der Amtseinführung sind wenige prominente Musiker dabei. Finden Sie das schade?

Smith Ich hätte es besser gefunden, wenn die Spaltung aus dem Wahlkampf nun zu Ende wäre. Immerhin ist Trump der gewählte US-Präsident. Das linke Spektrum sollte einsehen, dass der Wahlkampf vorbei ist. Andererseits waren wohl manche Äußerungen von Trump schon sehr provokativ, er teilt gerne aus.

Bei einer Pressekonferenz verweigerte er einem Journalisten des TV-Senders CNN sogar, eine Frage zu stellen.

Smith Nun ja, CNN hatte monatelang extrem negativ über ihn berichtet, sie hatten kurz davor breit über ein Dossier mit vielen unbewiesenen Behauptungen berichtet — kein Wunder, dass er da hart reagierte, obwohl ich das unglücklich fand. Aber neben diesem Getöse sollte man die Substanz sehen: Trump hat laut vieler Experten ein sachkundiges Kabinett zusammengestellt. Das wird Bürokratie abbauen und viel für die USA bewegen.

Wird der Präsident öffentlich dicke Sprüche machen, und seine Minister schließen dann Kompromisse?

Smith Zum Teil wird das so sein. Trump hat eine sehr direkte Art. Aber er will als Pragmatiker und früherer Unternehmer am Ende eines Streits auch einen für ihn guten Deal haben. Den kann er selber aushandeln — oder seine Abgesandten. Man muss dabei aber auch sehen, dass er sich als Anführer einer Art Bewegung versteht: Die Medien haben ihn extrem bekämpft, also kommuniziert er mit der Bevölkerung, wo es geht, direkt — wie über Twitter.

Trump droht mit 35 Prozent Strafzoll auf importierte Autos. Was meint denn Ihre kalifornische Familie dazu, die laut Ihrer Erzählung ja selber einen Audi und einen BMW hat.

Smith Donald Trump hat nichts gegen deutsche Autos, aber gegen deutsche Wagen, die in Mexiko gebaut werden und dann in den USA verkauft werden. Also drängt er BMW, den Plan einer neuen Fabrik in Mexiko aufzugeben oder runterzufahren und möglichst viel in den USA zu investieren. Am Ende könnten ja sogar deutsche Arbeitnehmer davon profitieren: Die haben auch nichts davon, dass Teile der 3-er-Produktion nach Mexiko verlagert werden.

Keine Bevölkerung der Welt ist so versessen auf Best-Buys, also Rabatte, wie die US-Amerikaner. Wenn nun mehr Waren in den USA produziert werden, würde aber alles teurer werden. oder?

Smith Fakt ist, dass unzählige Fabriken unser Land verlassen haben, weil die Unternehmen einige Dollar billiger in Mexiko oder China produzieren können. Das ärgert ganz viele Leute, das hat Trump sehr offensiv angesprochen. Werden nun viele Produkte teurer, wenn wieder mehr in den USA hergestellt wird? Ich glaube eher nicht: Der Wettbewerb in den USA ist beispielsweise so hart, dass meine Familie die zwei deutschen Autos in Kalifornien günstiger bekam als Kunden hier zahlen.

Reinhard Kowalewsky führte das Gespräch.

Initial rendered content
(rky)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort