Die Friedensverträge nach dem Ersten Weltkrieg Trianon – Ungarns Trauma im Schatten von Versailles

In fünf Schlössern rund um Paris diktierten in den Jahren 1919 und 1920 die Sieger des Ersten Weltkriegs den Besiegten die Friedensbedingungen. Vor 100 Jahren erlebte Ungarn sein Trauma: Trianon. Mit den Folgen wird bis heute Politik gemacht – zum Schaden Europas.

 Die Ankunft der ungarischen Delegation zur Unterzeichnung.

Die Ankunft der ungarischen Delegation zur Unterzeichnung.

Foto: dpa

Die Wolken hängen tief, und es ist ungewöhnlich kühl für die Jahreszeit, als am 4. Juni 1920 sechs Männer im Gänsemarsch über den knirschenden Kies im Park von Versailles marschierten. Vorbei an einer Ehrenformation der französischen Armee mit aufgepflanztem Bajonett steuert die kleine Gruppe das einst vom Sonnenkönig Ludwig XIV. in Auftrag gegebene barocke Lustschloss Grand Trianon an. Fotos der Szene zeigen eine Delegation ganz in Schwarz, mit Stehkragen, Frack und Zylinder, die Mienen versteinert. Die Abgesandten wissen, was sie erwartet. Kurz darauf werden Ungarns Wohlfahrtsminister Ágost Benárd und der Pariser Botschafter Alfréd Drasche-Lázár ihre Unterschriften unter einen von den Siegermächten des Ersten Weltkriegs diktierten Friedensvertrag setzen, der ihr Land zerstückelt. Bis heute, genau ein Jahrhundert später, haben viele Ungarn diese „Tragödie von Trianon“ nicht verwunden.