Keine Mehrheit für Gantz oder Netanjahu Patt bei Wahl in Israel – Koalitionsbildung wird schwierig

Jerusalem · Wie schon bei der Wahl im April liefern sich der Likud von Ministerpräsident Netanjahu und die Liste Blau-Weiß von Ex-Militärchef Benny Gantz ein enges Rennen. Auf Israel kommt eine komplizierte Suche nach einer neuen Regierung zu.

 Ministerpräsident Benjamin Netanjahu.

Ministerpräsident Benjamin Netanjahu.

Foto: dpa/Ilia Yefimovich

Auch bei der zweiten Parlamentswahl in Israel in diesem Jahr läuft es auf einen Patt und damit auf eine schwierige Regierungsbildung hinaus. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und seiner Likud-Partei gelang es laut TV-Prognosen erneut nicht, mit seinen nationalistischen und religiösen Partnern auf eine Mehrheit im Parlament zu kommen. Nun droht ihm nach gut zehn Jahren an der Regierungsspitze das politische Aus und in der Folge eine mögliche Strafverfolgung wegen Korruptionsvorwürfen. Doch auch für Netanjahus ärgsten Rivalen Benny Gantz reichte es nicht für eine Mehrheit.

Die Prognosen dreier wichtiger israelischer TV-Sender sahen Gantz' zentristisches Mitte-Bündnis Blau-Weiß nach der Wahl vom Dienstag gleichauf mit Likud oder mit einem leichtem Vorsprung.

Dennoch gab sich Netanjahu am frühen Mittwochmorgen vor Anhängern in Tel Aviv siegesgewiss. Er strebe die Bildung einer neuen starken Regierung unter Ausschluss arabischer Parteien an. „Es wird und kann keine Regierung geben, die sich auf arabische, antizionistische Parteien stützt“, betonte er. Prognosen zum Wahlausgang sind in Israel mitunter ungenau. Vor diesem Hintergrund betonte Netanjahu in seiner Rede vor Unterstützern, er werde vor nächsten Schritten die offiziellen Resultate abwarten.

Auch Gantz betonte vor jubelnden Anhängern, es sei verfrüht, sich zum Sieger auszurufen. Doch setze er nun auf die Bildung einer breiten Einheitsregierung, die „den Willen des Volkes ausdrückt“, erklärte der Ex-Generalstabschef.

Auch Avigdor Lieberman von der nationalistischen Partei Israel Beitenu (Unser Haus Israel) bekräftigte, mit seinen Gefolgsleuten eine breite, säkulare Einheitsregierung mit Likud und Blau-Weiß anzustreben. Dies sei in Notfallsituationen die einzige Option, sagte er vor Anhängern.

Da laut den Prognosen erneut weder Netanjahus Likud noch Gantz' Liste Blau-Weiß mit ihren jeweiligen Partnern eine Mehrheit in der 120 Sitze umfassenden Knesset erreichen dürften, fällt Liebermann die Rolle des Königsmachers zu. Dieser hatte schon nach der Wahl im April eine Koalition mit Netanjahu und den Ultraorthodoxen abgelehnt und damit die Neuwahl erst erzwungen. Dabei war Lieberman einst ein Schützling Netanjahus, gilt inzwischen aber als einer seiner ärgsten Rivalen.

Das Augenmerk richtet sich nun auf Präsident Reuven Rivlin. Er muss entscheiden, welcher Kandidat in seinen Augen die besten Chancen auf eine Bildung einer stabilen Koalition hat. In den kommenden Tagen will sich Rivlin zunächst mit allen Parteien beraten. Die Frage, an wen der Auftrag zur Regierungsbildung gehe, orientiere sich auch an dem Ziel, eine dritte Wahl zu verhindern, teilte sein Büro mit.

Ein designierter Ministerpräsident hätte bis zu sechs Wochen Zeit, eine Koalition zu schmieden. Versagt er, könnte Rivlin einem anderen Anwärter 28 Tage für eine Regierungsbildung einräumen. Wenn auch dies nicht funktioniert, gäbe es wieder eine Neuwahl.

Für Netanjahu steht viel auf dem Spiel. Sollten sich die Prognosen bestätigen, könnte die aktuelle Wahl das politische Ende für den Mann einläuten, der Israel so lange regiert wie kein anderer in der Geschichte Israels. Denn Gantz hatte eine Großen Koalition mit Likud ausgeschlossen, falls Netanjahu an der Spitze bleibe. Hintergrund ist eine Anklage wegen Korruption in drei Fällen, die dem Regierungschef droht. Eine Große Koalition würde ihm wohl keine Immunität vor einer Strafverfolgung garantieren, auf die er bei einem klaren Sieg seines Bündnisses hätte hoffen können.

(mja/ap)
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