Türkischer Ministerpräsident bleibt im Amt Erdogans kuriose Wiedergeburt

Ankara (RPO). Es war eine kuriose Entscheidung, die Recep Tayyip Erdogan das Amt rettete. Sechs der elf Verfassungsrichter - und damit eine Mehrheit - stimmten für ein Verbot seiner Regierungspartei AKP. Weil das erforderliche Quorum von sieben Stimmen damit aber verfehlt wurde, bleibt der 54-Jährige türkischer Ministerpräsident. Und polarisiert ein ganzes Land.

 Noch einmal davongekommen: Recep Tayyip Erdogan.

Noch einmal davongekommen: Recep Tayyip Erdogan.

Foto: AP, AP

Kritiker werfen Erdogan vor, er wolle die Türkei in einen Gottesstaat verwandeln. So plädierte der Politiker für eine Freigabe des Kopftuches an Universitäten - und verwässerte damit die Doktrin, Religion und Staat voneinander zu trennen. Prompt kassierte das Verfassungsgericht das von der Regierung verabschiedete Gesetz wieder ein.

Nicht nur wegen seiner straffkonservativen Einstellung stößt der Ministerpräsident auf Widerstände, auch sein teilweise selbstherrlicher Führungsstil sorgt bei Oppositionellen für Kopfschütteln. Erdogan ist in der AKP der unbestrittene Herrscher, die übrige Partei nur eine Art Fanclub. Wäre die AKP verboten worden, hätte ihr Anführer schon den Namen für die neue Partei in der Schublade gehabt: "Sonnenpartei". Allein dieser Tatbestand zeigt - die AKP ist vor allem eine "One-man-show".

Der 54-Jährige gilt als jähzornig, beschimpfte einst einen Bittsteller vor laufender Kamera mit den Worten "Pack deine Mutter und hau ab, du Depp". Gegner lasten ihm zudem Vetternwirtschaft an, bei Karikaturisten ist der Premier beliebtes Motiv. Nicht wenige von ihnen schleppte Erdogan dafür vor Gericht.

Trotz allem: Erdogan ist charismatisch - mehr als derzeit jeder andere in der türkischen Politik. Er ist ein großer Redner, was ihm selbst die politische Konkurrenz zugesteht. In Teilen des Volkes ist er hochgradig beliebt, schließlich zeichnete er sich mitverantwortlich für den Wirtschaftsboom und trieb die EU-Reformen voran.

Und nun ist er quasi von den Toten auferstanden. Denn die meisten Beobachter hatten mit dem K.o. für die AKP und einem fünfjährigen Berufsverbot für Erdogan gerechnet. Doch das Gericht kappte nur die finanziellen Zuwendungen an die AKP.

Das schmerzt, wirft aber nicht um. Schon gar nicht einen Recep Tayyip Erdogan.

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