Kim droht Trump Ende der Entspannung

Seoul · Pjöngjang und Washington ringen um gegenseitige Zugeständnisse im Streit um das nordkoreanische Atomprogramm. Machthaber Kim Jong Un nutzt seine Neujahrsrede, um Druck auf seine Verhandlungspartner auszuüben. Eine Analyse.

Der nordkoreanische Diktator Kim Jong Un setzt mal wieder auf eine Politik von Zuckerbrot und Peitsche. Natürlich ist als Adressat seiner drohenden Worte vor allem US-Präsident Donald Trump gemeint, doch auch die Länder Südostasiens hören genau hin, wenn sich der Machthaber aus Nordkoreas Hauptstadt Pjöngjang zu Wort meldet. Es geht immerhin auch um die Sicherheit ihrer Region.

 Kim Jong Un hat den USA mit dem Ende der noch jungen Entspannungspolitik gedroht, falls die Regierung in Washington nicht endlich die Sanktionen gegen das kommunistische Land aufhebe. Nordkorea will wieder aus der politisch-wirtschaftlichen Isolation, in die es sich mit seinem rigiden politischen System und seiner die ganze Region bedrohenden atomaren Aufrüstung in den vergangenen Jahrzehnten manövriert hatte. Im vergangenen Sommer hatte es Anzeichen für eine positive Entwicklung gegeben.

In einer Fernsehansprache zu Neujahr sagte Kim Jong Un gestern, er sei fest entschlossen zur atomaren Abrüstung, aber die USA müssten Maßnahmen ergreifen, um den Entspannungsprozess zu beschleunigen. Sollten jedoch die Vereinigten Staaten ihren Druck auf Nordkorea beibehalten und dem Land einseitig etwas aufzwingen wollen, könnte sich Nordkorea genötigt sehen, neue Wege zu suchen, um seine Souveränität zu verteidigen. Wie der „neue Weg“ Nordkoreas aussehen könnte und was Kim mit der Verteidigung der Souveränität seines Landes wohl genau meinte, ließ er offen.

Kim forderte gestern, dass alle Militärmanöver der USA mit Südkorea sofort beendet werden müssten und auch keine strategischen Waffen aus dem Ausland auf die geteilte koreanische Halbinsel gebracht werden dürften. Im übrigen würden die USA ihre Zusagen nicht einhalten. Die USA ihrerseits konterten, sie wollten an ihren Strafmaßnahmen wie auch an den von der Uno verhängten Sanktionen so lange festhalten, bis Nordkorea erste Abrüstungsschritte unternehme. Zu einem weiteren Treffen mit Trump sei er jederzeit bereit, versicherte Kim.

Trump und Kim hatten noch vor einem Jahr wie die Kesselflicker mit Worten um sich gehauen. Kim wollte die USA mit seinen Raketen angreifen, Trump hielt dem „kleinen Raketenmann“ entgegen, er werde Nordkorea auslöschen. 2017 hatte sich die Lage zwischen beiden Ländern dramatisch verschlechtert. Nordkorea hatte zahlreiche Raketentests vorgenommen und auch einen weiteren Atomtest durchgeführt. Die Welt war alarmiert.

Doch Mitte 2018 kam es zur zarten Annäherung. Trump nannte Kim plötzlich „sehr ehrenhaft“. Beide trafen sich zu ihrem historischen Gipfel am 12. Juni. Doch vereinbart wurde zwischen den beiden nichts. Absichtserklärungen wurden zwar formuliert und ausgetauscht. Doch konkrete schriftliche Zusagen, bis wann Kims Atomwaffenarsenal abgerüstet werden muss, wer den Vorgang überwachen soll und welche Leistungen die USA zu erbringen haben, gibt es nicht. Das ist der Schwachpunkt bei dem Versuch gemeinsamer Konfliktentschärfung.

Außerdem ist offen, welche Rolle China und auch Russland bei der Zukunftsgestaltung der Region haben. Wer stützt das berechtigte Sicherheitsbedürfnis Nordkoreas? Wie weit ist der pazifische Raum in eine Friedenszone umzuwandeln? Seinen ersten Atomtest hatte Nordkorea 2006 bekannt gegeben, 2017 hatte Kim Jong Un das Land zur Atommacht erklärt und damit internationale Unsicherheit geschürt. Die Welt glaubte bereits an ein Ende der Konfrontation, als bei der Eröffnungsfeier der Winterspiele in Südkorea im vergangenen Februar die Sportler aus Süd- und Nordkorea eine Mannschaft bildeten.

Doch dieser hoffnungsvolle Auftritt mag spektakulär gewesen sein. Er beendete aber nicht den Kriegszustand zwischen Nord- und Süd. Der Krieg dauerte von 1950 bis 1953. Er wurde durch einen Waffenstillstand gestoppt und soll rund vier Millionen Tote gefordert haben. Kim Jong Un fordert neben dem Ende der US-Sanktionen auch ein Friedensabkommen, das den Krieg offiziell abschließt. Beide Länder auf der geteilten Halbinsel haben schon Annäherungsversuche unternommen. Große Fortschritte stehen aber noch aus.

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