Obamas Sparpläne elektrisieren die USA Einfach Mathe oder Kokain?

Düsseldorf (RPO). US-Präsident Barack Obama versucht es nun mit der Keule. Nicht Milliarden, sondern gleich drei Billionen US-Dollar sieht sein Plan vor, der Amerika wieder auf die Beine helfen soll. Die Hälfte davon soll eine Reichensteuer einbringen. Die Opposition tobt und spricht vom "Klassenkampf". Im Kongress hat das Gesetzespaket keine Chance. Das aber hat Obama bereits einkalkuliert.

 US-Präsident Barack Obama hat das Gesetz zum Haushaltskompromiss unterzeichnet

US-Präsident Barack Obama hat das Gesetz zum Haushaltskompromiss unterzeichnet

Foto: AP, AP

Der US-Präsident geht aufs Ganze. Das muss er auch. Seine Ausgangslage ist knapp ein Jahr vor der US-Präsidentschaftswahl bescheiden. Die Job- und Wirtschaftsmisere dominiert die Öffentlichkeit. Dauerarbeitslosigkeit auf hohem Niveau, horrende Schulden, Zweifel an der Bonität des Landes und trotz aller Konjunkturhilfen kein Licht am Ende des Tunnels — so etwas hat Amerika noch nicht erlebt.

 John Boehner hat die Gespräche zur US-Schuldenkrise abgebrochen.

John Boehner hat die Gespräche zur US-Schuldenkrise abgebrochen.

Foto: FR170004 AP, AP

Obama holt nun zum Befreiungsschlag aus. In seiner mit Spannung erwarteten Rede zur Sanierung des US-Haushalts kündigte er Steuererhöhungen für Wohlhabende und Unternehmen an. "Es ist normal, dass wir von allen verlangen, ihren gerechten Anteil zu zahlen", sagte Obama. Die Worte "fair" und "gerecht" bestimmen seine Rede. In den Ohren der zuletzt so enttäuschten Demokraten ist das Musik. Die Republikaner aber schäumen. Obama und seine Berater wissen genau: Solche Bedingungen können die oppositionellen Republikaner im Leben nicht annehmen.

Der neue Slogan heißt "Klassenkampf"

Ihr Mantra, angetrieben von der radikalen Tea-Party, heißt: Weniger Staat. Der populäre Präsidentschaftsbewerber Rick Perry, Gouverneur von Texas, schwärmt in seinen Reden von den freien Kräften des Marktes. Steuern, das ist Gift für die Wirtschaft. Mehr Steuern, das ist Diebstahl an den Leistungsträgern des Landes. Mehrfach haben die Republikaner Barack Obama als Sozialist beschimpft, der die Amerikaner ihrer Freiheit und ihres Selbstbestimmungsrechts beraubt.

Entsprechend drastisch fielen die Reaktionen der Opposition auf Obamas Sparpläne aus. Sie werfen Obama vor, vor den Präsidentschaftswahlen im kommenden Jahr Arm gegen Reich gegeneinander aufhetzen zu wollen. Klassenkampf, das ist der neue Anti-Obama-Slogan. Der Mehrheitsführer im Abgeordnetenhaus, John Boehner, warf Obama Führungsschwäche vor. Klassenkampf könne man wohl nicht als Zeichen von Führungskraft beschreiben.

Streit über Buffett-Steuer

Aus Sicht der Republikaner würden höhere Steuern die ohnehin schon sieche Wirtschaft lähmen. Millionäre bezeichnen die Konservativen bevorzugt als Leistungsträger und Arbeitsplatzbeschaffer. Obama hatte kürzlich eine nach dem Milliardär Warren Buffett benannte Reichensteuer angekündigt. Der Groß-Investor hatte zuvor darauf hingewiesen, dass Reiche oftmals weniger an den Fiskus zahlen als diejenigen, die für sie arbeiten.

Die Republikaner halten eine Millionärssteuer für falsch. "Die Regierung hat ein Ausgabenproblem und ich glaube nicht, dass auch nur irgendwie Sinn macht, ausgerechnet die Menschen zu besteuern, die in unsere Wirtschaft investieren sollen”, sagt der Republikaner.

Boehner zieht Vergleich mit Drogensüchtigem

Im Staat sehen die Konservativen, vorneweg die Tea Party, hingegen so etwas wie einen gefräßigen Moloch, der gar nicht genug bekommen kann. "Der Bundesregierung mehr Geld zu geben, das wäre so, als ob man einem Kokain-Abhängigen mehr Kokain verabreichen würde", wettert Boehner. Ein Rezept für einen Wirtschaftsaufschwung - Fehlanzeige, lautet der Vorwurf.

Obama als Oberhaupt eines süchtigen Systems? Der US-Präsident sieht das natürlich anders. Sein Plan zur Sanierung des US-Haushalts sieht laut Regierungskreisen vor, in den nächsten zehn Jahren das Defizit um weitere drei Billionen Dollar (rund 2,2 Billionen Euro) zu senken. "Wir können aus diesem Loch nicht herauskommen, wenn wir nur die Ausgaben reduzieren", sagte Obama am Montag im Rosengarten des Weißen Hauses.

"Dies ist Mathe"

Die USA könnten sich Sonderregelungen für Reiche nicht mehr leisten. Eine Erhöhung der Einnahmen müsse "Teil der Formel" zur Reduzierung des Haushaltsdefizits sein. Etwa die Hälfte sollen zusätzliche Steuereinnahmen einspielen. Die Mittelschicht sollte im Verhältnis nicht höhere Steuern zahlen als Millionäre und Milliardäre, sagte Obama. Dagegen sei schwerlich etwas zu einzuwenden.

Mit Blick auf die Kritik der Republikaner formulierte Obama einen einprägsamen Satz, der die Oppositionellen wie Schüler dastehen lässt: "Dies ist nicht Klassenkampf, dies ist Mathe", sagte Obama. John Boehner griff der Präsident direkt an. Der nämlich sage, die Regierung solle reagieren, lehne vorgeschlagene Maßnahmen dann aber ab. "Das ist nicht sehr intelligent, und das ist nicht gerecht", urteilte Obama.

Obamas Vorschlag populär

Dass Obama nun wieder so forsch auftritt, ist neu, aber nicht wirklich überraschend. Der US-Präsident sieht sich offenbar angesichts miserabler Umfragewerte gezwungen, Wahlkampf zu betreiben. Sein Billionen-Sparpaket hat wegen der Mehrheitsverhältnisse keinerlei Aussichten darauf, umgesetzt zu werden.

Aber — und das dürfte auch Obama im Sinn haben - es ist populär. Mehreren Umfragen zufolge kommt eine Reichensteuer in den USA gut an. Demnach befürworten etwa zwei Drittel der US-Bürger höhere Steuern für Superreiche. Die Republikaner kann Obama im Wahlkampf hingegen als Vaterlandsverräter hinstellen, weil sie das Sparpaket blockieren, das der USA wieder eine Zukunft geben könnte.

(RTR/dapd)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort