Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un Ein Exempel im Machtkampf

Seoul · Erst Entmachtung und kurz darauf Hinrichtung: Im Eiltempo lässt Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un seinen Onkel aus dem Weg räumen. Vieles spricht dafür, dass der 67-Jährige dem jungen Diktator zuletzt im Weg stand.

Kim Jong Un lässt seinen Onkel abführen
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Kim Jong Un lässt seinen Onkel abführen

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Auf die Menschen auf der koreanischen Halbinsel kommen weiter unruhige Zeiten zu. Die Nachrichten von der Entmachtung und Hinrichtung des einflussreichen Onkels des nordkoreanischen Machthabers Kim Jong Il, Jang Song Thaek, wird in Südkorea auch als Zeichen für Instabilität in dem Nachbarland interpretiert. Die Lage gilt jedenfalls als prekär.

Südkoreas Regierung will sich auf alle Eventualitäten vorbereiten, das heißt auch: militärische Provokationen, weitere Raketen- und Atomtests Nordkoreas und selbst den Zusammenbruch des Landes.
Experten sehen einen Machtkampf toben, der noch nicht beendet ist.

Dass jetzt das stalinistische Regime Jang hingerichtet hat, überrascht selbst langjährige Beobachter. Zwei Getreue Jangs sollen nach Informationen des südkoreanischen Geheimdienstes schon im November exekutiert worden sein. Doch dass ein Mitglied des Herrscher-Hauses - Jang war mit einer Schwester des vor zwei Jahren gestorbenen Alleinherrschers Kim Jong Il verheiratet - hatte man bisher für unmöglich gehalten.

"Es gibt kein solches Beispiel aus Nordkorea in den vergangenen 50 Jahren", sagt Park Hyeong Jung vom Korea-Institut für Nationale Vereinigung in Seoul. Für den Experten heißt das, Kim Jong Un habe schnell für klare Verhältnisse sorgen und ein Warnsignal setzen wollen.

"Das Militär war sehr wütend"

"Kim versuchte, aus den Kämpfen zwischen seinen Helfern Vorteile zu ziehen", glaubt Park. Es gebe etwa Anzeichen eines Machtkampfes zwischen der wichtigen Abteilung für Organisation und Richtung der herrschenden Arbeiterpartei, der Jang nahe stand, und dem mächtigen Militär auf der anderen Seite. Jang habe mitgeholfen, die Volksarmee zu reorganisieren und deren Einfluss zu verringern. "Das Militär war sehr wütend."

Inwieweit Jang seine eigene Einflusssphäre genutzt hatte, um Kim eventuell aus dem Sattel zu heben und selber die Zügel in die Hand zu nehmen, bleibt letztlich unklar. Das genau aber warf das Regime dem 67-jährigen Jang als Begründung für die Todesstrafe vor. Daneben gibt es eine bizarre Liste von weiteren Vergehen, die ihm zur Last gelegt werden: Korruption, Spielsucht, Frauengeschichten, Drogenmissbrauch, Geldverschwendung, Ausverkauf von Rohstoffen an China.

Generationswechsel auf führenden Positionen?

Dazu sehen Beobachter Anzeichen für einen Generationswechsel auf führenden Positionen. Im Sommer des vergangenen Jahres ließ Kim Jong Un Armeechef Ri Yong Ho aus seinen Ämtern entfernen - angeblich aus Gesundheitsgründen. Doch wurde der Schritt auch als Vorzeichen für weitere Veränderungen gesehen, um Kim Jong Uns Macht zu festigen. Wie General Ri galt auch Jang als Vertrauter Kim Jong Ils.

Jang, der in der Partei Karriere gemacht hatte, wurde noch von Kim Jong Il zum Vizechef der Nationalen Verteidigungskommission befördert, die als wichtigstes Entscheidungsgremium gilt. Dazu kam seine wichtige Stellung für die Wirtschaft des Landes. Für den Experten Park besonders wichtig: Jangs Gruppe hatte gewissermaßen ein Monopol in den Bereichen Bergbau, Restaurantketten und Ölimporten.
"Mit der Öl-Versorgung hatte er quasi das Militär kontrolliert."

Auch war Jang tief in die stärker werdenden Wirtschaftsbeziehungen mit China verwickelt. In Nordkorea sei deshalb vor allem der Ruf nach Investoren aus anderen Ländern zu hören, sagt er Projektleiter der Friedrich-Naumann-Stiftung in Seoul, Lars-André Richter. "Einer der Kernbegriffe lautet Diversifizierung". Die Hinrichtung könnte neben anderen Aspekten ein Zeichen gegenüber China gewesen sein. "Unklar ist, ob die jüngsten Vorgänge die radikalen Kräfte im Land wieder stärken. Wir erleben ein Hin und Her."

(dpa)
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