Aus der Kaserne ins TV Diese Fernseh-Generäle erklären den Ukraine-Krieg

Düsseldorf · Als Soldaten sind sie im Ruhestand - dafür erklären sie jetzt als Fernsehmilitärs den Ukraine-Krieg: Ex-Bundeswehr-Generäle wie Egon Ramms und Hans-Lothar Domröse sind gerade Dauergäste im TV. Wir stellen die prominentesten Vertreter vor.

Harald Kujat, Egon Ramms, Hans-Lothar Domröse und Erich Vad sind derzeit gefragte Experten beim Thema Ukraine-Krieg.

Harald Kujat, Egon Ramms, Hans-Lothar Domröse und Erich Vad sind derzeit gefragte Experten beim Thema Ukraine-Krieg.

Foto: Fotos: dpa | Montage: Ferl

Egon Ramms

Als Kommandeur des Allied Joint Force Command (JFC) im niederländischen Brunssum war Ramms bis 2010 einer der ranghöchsten deutschen Soldaten innerhalb der Nato. Das JFC Brunssum ist eine von zwei operativen Kommandozentralen des Militärbündnisses in Europa, von hier aus wurde unter anderem sein Afghanistan-Einsatz geführt.

Für Aufsehen sorgte in dieser Zeit Ramms‘ Vorschlag, den Bauern am Hindukusch ihre Opium-Ernte abzukaufen: Damit bleibe die Existenzgrundlage vieler Familien erhalten, zugleich aber gingen die Heroin-Dealer leer aus. Die amerikanischen Verbündeten drängte der Vier-Sterne-General immer wieder, bei Luftangriffen mehr Rücksicht auf Zivilisten zu nehmen.

Im Herbst 2010 ging Ramms in den Ruhestand. Seit Kriegsausbruch in der Ukraine tritt er regelmäßig als Militärexperte im Fernsehen auf. Viel beachtet wurde unter anderem seine Äußerung im „heute journal“, wo er von Moderator Christian Sievers gefragt wurde, ob die Bundeswehr im Ernstfall in der Lage wäre, Deutschland zu verteidigen. Ramms‘ knappe Entgegnung: „Kurze, klare Antwort: Nein.“

Die russische Invasion in der Ukraine hatte Ramms  - wie viele andere Beobachter auch - nicht kommen sehen. So hatte er sich noch eine Woche vorher festgelegt, Putin werde keinen Angriff starten. Seine Meinung änderte der Ex-General erst wenige Tage vor Kriegsausbruch. „Mit dem Angriff und mit der Art des Angriffs hatte ich nicht gerechnet“,Kostenpflichtiger Inhalt sagte er kürzlich unserer Redaktion.

Ramms wuchs in Wesel auf und machte dort auch sein Abitur. Heute lebt er in Meckenheim.

Hans-Lothar Domröse

Auch Domröse ist General im Ruhestand, und ebenso wie Egon Ramms war auch er zuletzt Oberbefehlshaber des JFC Brunssum (bis März 2016). Der gebürtige Hannoveraner studierte in Hamburg und trat 1973 in die Bundeswehr ein, wo er diverse Stationen durchlief. So war Domröse im Rahmen des deutschen KFOR-Kontingents im Kosovo-Einsatz, außerdem koordinierte er 2002 den Katastrophenschutzeinsatz während des Elbhochwassers. 2008 war Domröse Chef des Stabes der ISAF-Mission in Afghanistan.

Als Ukraine-Erklärer fällt Domröse in Talkshows und Interviews mit besonders pointierten Formulierungen auf. „Putin ist für die Bundeswehr der Arbeitgeber des Monats“, sagte er vergangene Woche bei „Hart aber fair“, in Anspielung auf das 100-Milliarden-Euro-Paket, das nun in die deutsche Landesverteidigung investiert werden soll.

Hans-Lothar Domröse (hier bei einem Vortrag in Heinsberg im Jahr 2014).

Hans-Lothar Domröse (hier bei einem Vortrag in Heinsberg im Jahr 2014).

Foto: Laaser, Jürgen (jl)

Und über den Zustand der russischen Streitkräfte in der Ukraine ätzte Domröse in einem Interview mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND): „Was sie dort zeigen, ist 1918. Es ist ein Jammer, dass die Ukraine nun auch nichts entgegenzusetzen hat. Die Russen boxen bislang deutlich unter Gewicht.“

Erich Vad

Erich Vad war als General militärpolitischer Berater der damaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel. In dieser Funktion arbeitete er dem außenpolitischen Merkel-Berater Christoph Heusgen zu, inzwischen Chef der Münchner Sicherheitskonferenz.

Vads Zeit im Kanzleramt endete im Jahr 2013, seither arbeitet er als Unternehmensberater und tritt als Redner und Interviewpartner auf. Auch vor bunteren Jobs schreckt Vad nicht zurück: So war er zuletzt als Prominentenjäger im Reality-TV-Format „Celebrity Hunted“ auf Amazon Prime zu sehen. Zehn Stars (darunter, bittere Ironie, auch Wladimir Klitschko) haben in der Serie die Aufgabe, zehn Tage lang unterzutauchen. Vads Team soll sie daran mit seinen Ermittlungen hindern.

Erich Vad (bei einem Fototermin zum Start der Amazon-Serie „Celebrity Hunted“ im November in Berlin).

Erich Vad (bei einem Fototermin zum Start der Amazon-Serie „Celebrity Hunted“ im November in Berlin).

Foto: dpa/Jörg Carstensen

Als Experte im Ukraine-Krieg war Vad unter anderem bei „Hart aber Fair“ sowie im „Mabritt Illner Ukraine-Spezial“ zu sehen.   

Harald Kujat

Der ehemalige Luftwaffengeneral war von 2000 bis 2002 Generalinspekteur der Bundeswehr (und somit deren ranghöchster Soldat) und im Anschluss Vorsitzender des Nato-Militärausschusses.

Nachdem er Mitte 2005 mit Großem Zapfenstreich in den Ruhestand verabschiedet wurde, war Kujat zwischenzeitlich Aufsichtsratschef beim deutschen Rüstungsunternehmen Heckler & Koch. Vor allem aber ist er regelmäßiger Gast in Talkshows. In der Vergangenheit äußerte sich der heute 80-Jährige vielfach kritisch über den Westen und eher verständnisvoll über Russlands Präsident Putin, womit er viel Kritik auf sich zog. 2016 verpasste ihm Ex-US-Botschafter John Kornblum deshalb den Spitznamen „Sowjet-General“ (Kujat hatte in einer „Anne Will“-Talkrunde dem Westen und vor allem den USA die Schuld an der Eskalation im syrischen Bürgerkrieg gegeben).

 Harald Kujat (im Dezember 2019 bei der Hauptversammlung von Heckler & Koch in Rottweil).

Harald Kujat (im Dezember 2019 bei der Hauptversammlung von Heckler & Koch in Rottweil).

Foto: dpa/Wolf von Dewitz

Den drohenden Ukraine-Krieg sah Kujat ebenfalls nicht kommen. Auf die Frage, ob Putin nun mit seinen an der Grenze versammelten Truppen in Richtung Kiew vorstoßen wolle, sagte Kujat noch am Vorabend der Invasion: „Ich habe nach wie vor Zweifel, ob Putin die Ukraine angreifen und besetzen will.“

(rls)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort