Streit um die Atomgespräche mit dem Iran Droht eine Eiszeit in den US-israelischen Beziehungen?

Jerusalem · Der gute Wille zwischen Israel und den USA ist offenbar vorerst erschöpft. Während des Besuchs von US-Außenminister John Kerry in dieser Woche ist die Stimmung gekippt, der Minister sprach eine offene Drohung aus. Er und Ministerpräsident Benjamin Netanjahu lieferten sich einen öffentlichen Schlagabtausch, den Beobachter als sehr schädlich einstufen.

Streit um die Atomgespräche mit dem Iran: Droht eine Eiszeit in den US-israelischen Beziehungen?
Foto: ap, Jason Reed

In einer überraschend drastischen Wortwahl ging Kerry Israel am Donnerstag in einem Interview an, das sowohl im israelischen als auch im palästinensischen Fernsehen ausgestrahlt wurde. Sollte der ins stocken geratene Friedensprozess mit den Palästinensern scheitern, könnten die Folgen verheerend sein, warnte Kerry und drohte: "Wenn wir keinen Weg zum Frieden finden, wird es eine wachsende Isolation Israels geben." Falls Israel sich mit den Palästinensern nicht auf Frieden einigen könne, "endet man möglicherweise mit einer Führung, die der Gewalt anhängt", fügte Kerry hinzu. "Ich meine, will Israel eine dritte Intifada?"

Auch die Fortsetzung der Siedlungspolitik, ein Kernpunkt des Konflikts, kritisierte Kerry. Diese vermittle den Eindruck, dass Israel nicht ernsthaft an einer Friedenslösung interessiert sei.

Israelische Medien berichteten, Netanjahu sei "schockiert" über Kerrys Äußerungen gewesen. Sichtlich erregt reagierte der Regierungschef bereits am folgenden Morgen. Kein Druck werde ihn oder die Regierung dazu bringen, die nationalen Interessen zu gefährden, wetterte er. Im gleichen Atemzug holte er zum Schlag gegen die Atomverhandlungen mit dem Iran aus, in denen über einen möglichen Kompromiss spekuliert wurde den Israel entschieden ablehnt. Israel sei nicht an ein solches Abkommen gebunden und würde alles tun, um sich zu verteidigen, sagte er. Israel hatte früher mehrfach gedroht, den Iran präventiv anzugreifen, um Teheran an der Entwicklung einer Atombombe zu hindern.

Später trafen sich Kerry und Netanjahu zu einem zweistündigen Gespräch. Eine geplante gemeinsame Pressekonferenz entfiel jedoch. "Wenn es eine Wetterkarte für diplomatische Stürme gäbe, würde der Wetterdienst nun eine Hurrikan-Warnung ausgeben", schrieb die Zeitung "Haaretz" auf ihrer Webseite und sprach von einem "Supersturm der US-israelischen Beziehungen".

Die Handlungsoptionen für Netanjahu sind indes begrenzt. Im aktuellen diplomatischen Gefüge ist ein israelischer Alleingang gegen den Iran nahezu undenkbar. Bei den Friedensgesprächen mit den Palästinensern hält Netanjahu allerdings das Ruder in der Hand und eine Kursänderung zeichnet sich nicht ab.

Doch nach Einschätzung von Nicholas Burns, einem früheren Mitarbeiter des US-Außenministeriums, hat Netanjahu einen schweren Fehler begangen, seinen Unmut öffentlich zur Schau zu stellen. Der Ministerpräsident sei schlecht beraten gewesen, schrieb Burns in einer Email an die Nachrichtenagentur AP. "Das ist in den USA sehr schlecht angekommen."

(ap)
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