Donald Trump und die Folter Warum die freie Welt jetzt klare Kante zeigen muss

Meinung | Düsseldorf · Offiziell will Donald Trump seine Wahlkampf-Ankündigung zur staatlichen Folter vorerst nicht weiter verfolgen. Doch seine Einschätzung, dass sie funktioniere, braucht eine klare Antwort der freien Welt.

Die ersten Arbeitsschritte von Donald Trump als US-Präsident
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Donald Trumps erste Arbeitsschritte als US-Präsident

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Foto: rtr, JE/TC

Es gibt zu den verheerenden Gedankenspielen des US-Präsidenten Donald Trump mit der Wiedereinführung der Folter als "erweiterte Verhörtechnik" zwei gute und drei schlechte Nachrichten. Die erste gute: Trump will sich an das halten, was im gesetzlichen Rahmen erlaubt ist, und der US-Kongress denkt nicht im Traum daran, diesen Rahmen zu erweitern. Die zweite gute: Trumps neuer Verteidigungsminister James Mattis erteilte jeder Foltermethode eine klare Absage.

Und nun zu den schlechten. Trump relativierte die während der Kongressanhörungen getätigte Festlegung von Mattis, indem er sagte, er habe sich darüber "gewundert". Damit drückt er eine andere Erwartungshaltung für die Zukunft aus. Die zweite schlechte Nachricht: Trump sieht sich in seiner eigenen Pro-Folter-Einstellung nach einem Gespräch mit den Geheimdiensten bestätigt und zitiert diese mit den Worten, dass diese Techniken "absolut funktionieren". Damit ist klar, was der oberste Befehlshaber zwischen den Zeilen wünscht, wenn er von seinen Untergebenen "funktionierende Aufklärung" verlangt. Die dritte schlechte Nachricht: In Washington kursierte zeitgleich der angebliche Entwurf eines präsidialen Anordnung, wonach unter anderem bislang untersagte Verhörmethoden neu geprüft werden sollten. Der Regierungssprecher dementierte, dass es einen solchen Entwurf gebe. Doch schon wenn es sich nur um einen Testballon von interessierter Seite handelte, wird darin deutlich, dass genau beobachtet wird, wie die öffentlichen Reaktionen sind und wie weit Trump gehen kann.

Wichtige Besuche in den USA

Deshalb kommen an dieser Stelle alle Politiker ins Spiel, die sich den vormals von den Amerikanern angeführten Grundprinzipien der freien Welt verpflichtet fühlen. Sie müssen Trump die rote Linie aufzeigen. Je entschiedener dies geschieht, desto eher dürfte der stets neue Grenzen austestende US-Präsident es verstehen. Ein guter Anlass wäre das nun anstehende erste Telefongespräch zwischen Trump und Bundeskanzlerin Angela Merkel. Viele weitere Anlässe werden folgen, und es ist leider so weit gekommen, dass Politiker nicht mehr nur bei Reisen nach China oder in arabische Länder die Menschenrechte ansprechen müssen, sondern auch bei Besuchen der USA.

Eine gute Idee hat dazu der Chef des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Norbert Röttgen, entwickelt. Er ruft zum "Kampf" für all das auf, was in den letzten 70 Jahren Europa Frieden gebracht habe und nun von Trump in Frage gestellt werde. Dazu gehöre es, neue, auch gesellschaftliche, Allianzen zu bilden. Schließlich teile die große Mehrheit der Amerikaner den Kurs Trumps bei der Abkehr der westlichen Werte nicht. Röttgen will bei seinen Gesprächen mit US-Parlamentariern vorangehen.

"Feuer mit Feuer"

Das ist bitter notwendig. Denn das öffentliche Sinnieren über das "Funktionieren" von Folter vermag ein inoffizielles Vorgehen zu befördern. Auch US-Präsident George W. Bush hatte nach den Terrorattacken vom 11. September 2001 ein inoffizielles Programm mit Geheimgefängnissen und Verhörmethoden gestattet, das für demokratische Rechtsstaaten unwürdig sind. Obama hatte diese Praktiken bei seinem Amtsantritt verboten. Nun knüpft Trump an den Gedanken an, "Feuer mit Feuer" zu bekämpfen. Trump bedauert, dass die USA nicht nach denselben Regeln spielen dürften, wenn Extremisten Gräueltaten begingen. Damit geht er dem Kerngedanken des Terrorismus auf den Leim, Staaten zu solchen Reaktionen zu verleiten, die diese dann selbst als unglaubwürdig erscheinen lassen. Ein Rechtsstaat, der mit nicht-rechtsstaatlichen Methoden gegen Terroristen vorgeht, bekämpft nicht den Terrorismus insgesamt, sondern liefert den Terroristen nur neue Begründungen für ihr Tun und begünstigt damit ihr Bestreben, Nachwuchs zu rekrutieren.

Nötig ist also ein neues Bündnis derer, die für die Werte der freien Welt eintreten, und zwar sowohl in Europa als auch in Amerika. Sie müssen der letztlich brandgefährlichen "America-first"-Doktrin eine "together-first"-Botschaft für friedliches Zusammenleben auf der Basis der Menschen- und Bürgerrechte für jeden entgegenstellen.

(may-)
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