Trump und Putin treffen sich in Helsinki Ein Gipfel der Hintergedanken

Helsinki · Beim ersten bilateralen Treffen zwischen Donald Trump und Wladimir Putin kommen zwei Männer zusammen, die die Verachtung für die bisherige Weltordnung eint. Das macht diesen Gipfel so riskant.

Wenn sich US-Präsident Donald Trump und Russlands Präsident Wladimir Putin am heutigen Montag treffen, dann ist die Wahl des Orts nicht zufällig: Helsinki war die Bühne vieler bedeutender Gipfel zwischen Ost und West. Nur, dass die Vorzeichen diesmal ganz anders stehen. In der finnischen Hauptstadt begann 1973 mit der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa die langsame Erosion des Sowjet-Imperiums. Am Ende triumphierte die liberale, westliche Staatenordnung über das autokratisch-kommunistische Modell. Nun aber treffen mit Trump und Putin zwei Männer zusammen, die zutiefst wesensverwandt sind: Zwei Nationalisten, die ihre Macht am liebsten ungefiltert ausleben und die in Einflusszonen denken.

Trump und Putin sind zwei Gleichgesinnte. Sie verachten, wenn auch aus teilweise unterschiedlichen Motiven, die alte Weltordnung. Das schließt Rivalität freilich keineswegs aus. Für die russischen Medien steht der Gewinner bei diesem Gipfeltreffen im Übrigen schon lange fest: Es ist der Kremlchef. Die Initiative zu diesem Spitzengespräch ging von der amerikanischen Seite aus, betont Moskaus Propagandamaschine unaufhörlich.

Auch die letzten Zweifler in Russland sollen verstehen: ihr Präsident mischt wieder ganz oben mit. Die internationale Isolation – nach dem Krieg in der Ukraine und der widerrechtlichen Annexion der Krim – ist überwunden, lautet Moskaus Botschaft. Tatsächlich dürfte Putin die Zusammenkunft als Bestätigung werten, mit den USA wieder auf Augenhöhe verkehren zu können. Für das heimische Publikum ist das wichtig, internationale Anerkennung ist Ersatz und Kompensation für die Mühen des russischen Alltags mit seiner tristen ökonomischen Realität. Helsinki muss für die Russen wirken wie ein Sahnehäubchen auf eine gelungene Fußball-WM, die ebenfalls Putins Ansehen fördern sollte. Damit wäre das wichtigste Ziel des Gipfels für den Kremlchef schon erreicht.

Was verbindet diese beiden Männer wirklich?

Was Putin und Trump jenseits ihrer Seelenverwandtschaft aneinander bindet, ist indes auch nach zwei Jahren intensiver medialer Beobachtung und skandalumwitterter Enthüllungen noch nicht klar. Grundsätzlich gilt es aus russischer Sicht als einfacher, mit US- Republikanern umzugehen als mit Vertretern der Demokratischen Partei, die stärker auf die Einhaltung von Menschenrechten und anderer Standards pochen. Putin hat sich nur selten zu Trump im Detail geäußert. Er schätze ihn als Unternehmer, sagte er mehrfach. Aber Putin vermeidet es grundsätzlich, Emotionen preiszugeben. Wenn Trump laut darüber nachdenkt, ob Putin „eines Tages vielleicht ein Freund“ sein könnte, vermeidet der Kremlchef solche Aussagen. Er will Kontrolle behalten.

Trump und Putin freilich nicht unter denselben Bedingungen. Beide halten sich ungern an verbindliche Regelwerke und bevorzugen individuelle Lösungswege. Sie zeigen deutlich autokratische Züge und schrecken nicht davor zurück, populistische Maßnahmen als Allheilmittel zu verkaufen. Fehler wird keiner der beiden jemals zugeben. Aber während Wladimir Putin damit in Russland durchkommt, wo nichts und niemand mehr seine Macht beschneiden kann, wird der US-Präsident bisher noch durch die demokratischen Institutionen seines Landes eingehegt.

Noch eines fällt auf: Trump ist reich, aber ungehobelt und passt damit nicht ins Bild der amerikanischen Oberschicht, deren Codes er mit offensichtlicher Lust immer wieder bricht. Und auch Putin hat im Umgang mit den Spitzen der westlichen Gesellschaft Schwierigkeiten, eine gewisse Verkrampfung hat er nie ablegen können. Der Rauswurf Russlands aus der G8, dem Club der wichtigsten Industrienationen, verschärfte den alten russischen Minderwertigkeitskomplex gegenüber dem Westen noch. Durch Protz, Gold und Glanz versucht Moskaus Geldadel, dieses Imagedefizit seither auszugleichen.

Jenseits der politischen Symbolik stehen in Helsinki auch eine Menge Sachthemen auf dem Programm. Putin sähe es am liebsten, wenn er Washington für eine neue Rüstungskontrollphase gewinnen könnte. Aber auch hier geht es um eine Frage der Augenhöhe, denn auf dieser Ebene sind beide Seiten, die über gleich große Atomwaffenarsenale verfügen, völlig  gleichberechtigt.

Sanktionen werden wohl kein Thema sein

Eine Aufhebung der westlichen Sanktionen wird Putin jedoch kaum fordern. Die Aussicht auf Erfolg wäre wohl zu gering. Darüber hinaus kann der Kremlchef die Sanktionen innenpolitisch jederzeit nutzen, um die Wähler zu mobilisieren. Nach wie vor lässt sich patriotische Unterstützung am besten durch eine Krise mit dem Westen erreichen. Auf diesen praktischen Hebel wird das Putin-Regime nicht verzichten wollen.

Auch in der Ukrainefrage  wird sich der russische Präsident keinen Millimeter bewegen. Dass Trump die Annexion der Krim absegnet, steht zwar nicht zu erwarten. Russlands Medien werden aber das Verständnis, das Trump für Putins Vorgehen schon einmal angedeutet hat, als faktische Zustimmung werten, meint der Politikwissenschaftler Alexei Malaschenko vom kremlnahen Institut „Dialog der Zivilisationen“. Komplizierter für Putin ist der Fall Syrien: Sollten die USA, wie kolportiert, Moskau tatsächlich dazu bewegen wollen, Iran zum Rückzug seiner Truppen aus Syrien zu drängen, käme er in die Bredouille. Der Kreml würde sich wohl nicht nur mit Teheran überwerfen, er würde sich auch noch tiefer in den Syrienkonflikt verstricken.

Immerhin, eine atmosphärische Verbesserung scheint durch das Treffen möglich. Man könnte sich allerdings sorgloser darüber freuen, wenn es nicht Zwei wie Trump und Putin wären, die sich da die Hände schütteln.

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