Trump zu Tanker-Beschuss „Iran hat es getan“

Washington · Ruhani wirft hingegen den USA eine aggressive Politik gegen sein Land vor. China ruft alle Konfliktparteien zur Zurückhaltung auf. Deutschland fordert eine eingehende Untersuchung; eine Spirale der Eskalation müsse vermieden werden.

 Der beschossene Tanker im Golf von Oman.

Der beschossene Tanker im Golf von Oman.

Foto: dpa/Uncredited

Es sind unscharfe, verschwommene Bilder. Aufgenommen aus der Luft, zeigen sie, wie sich ein Schnellboot dem japanischen Öltanker „Kokuka Courageous“ nähert. Ein Mann greift vom Bug aus nach einem Gegenstand an der Außenwand des Tankers, um ihn abzunehmen, dann dreht das Boot ab. Nach der Version des amerikanischen Militärs soll es sich um eine im Golf von Oman kreuzende maritime Patrouille der iranischen Revolutionsgarden handeln. Angeblich soll sie eine nicht detonierte Haftmine entfernt haben, nachdem die „Kokuka Courageous“ am Donnerstag attackiert worden war. In Teheran, suggeriert das Video, wollte man Spuren verwischen.

Propagandabilder? Oder Beweise? Laut Außenminister Mike Pompeo ist die Schuldfrage eindeutig geklärt: Nach Einschätzung der USA, gestützt auf Geheimdienstberichte, sei der Iran für die Angriffe verantwortlich, zumal kein nichtstaatlicher Akteur mit einem „so hohen Maß an Raffinesse“ hätte vorgehen können. „Es war der Iran, und ihr wisst, dass er es war“, sagte Donald Trump, an die Moderatoren gewandt, als er sich am Freitagmorgen bei „Fox & Friends“ zuschalten ließ, seiner vom konservativen Kanal Fox News ausgestrahlten Lieblingssendung. „Ihr habt das Boot in der Nacht doch gesehen.“ Die Worte ändern nichts an den Zweifeln, die es auch in Washington gibt. Vor allem ändern sie nichts an der Tatsache, dass die Lage, zurückhaltend formuliert, unübersichtlich ist, zumal unklar bleibt, welchem Kompass der amerikanische Präsident folgt.

Was sich bis dato beobachten ließ, war ein Zickzackkurs. Anfang Mai beorderte Trump den Flugzeugträger „Abraham Lincoln“ in den Persischen Golf. John Bolton, der Hardliner im Amt des Nationalen Sicherheitsberaters, durfte die Entscheidung verkünden, was unüblich war und Spekulationen nährte, nach denen nunmehr Bolton den Kurs der Iranpolitik bestimmte. Schien es damals so, als hätten sich die Falken im Kabinett durchgesetzt, schlug Trump bald darauf versöhnlichere Töne an. Nicht nur, dass er sich mit leisem Spott von seinem Sicherheitsberater distanzierte, er ließ auch Verhandlungsbereitschaft erkennen. Mit der iranischen Führung, deutete er an, könnte er sich eines Tages ebenso an einen Tisch setzen, wie er es mit dem Nordkoreaner Kim Jong Un getan hatte. Während der General Kenneth McKenzie, Chef des für den Nahen Osten zuständigen Central Command, die Entsendung von 20 000 Soldaten in die Golfregion forderte, stockte Trump das Kontingent nur um 1500 Mann auf – nach amtlicher Lesart, um die eigenen Militärbasen zu schützen. Er wolle keinen Regimewechsel in Teheran, was er stattdessen anstrebe, sei ein iranischer Verzicht auf Atomwaffen, sagte er später bei einem Besuch in Tokio. Amerikanischen Medienberichten zufolge sollte der japanische Regierungschef Shinzo Abe die Rolle des Vermittlers spielen, zumindest Gesprächskanäle freischaufeln, als er diese Woche nach Teheran flog. Dort aber habe sich Abe eine Abfuhr geholt, unterstrichen durch Worte, mit denen Ali Khamenei, der geistliche Führer der Islamischen Republik, Trump die kalte Schulter zeigte: Er betrachte den Amerikaner nicht als eine Person, mit der es sich Botschaften auszutauschen lohne. Trump antwortete in einem Tweet, es sei zu früh, an einen Deal auch nur zu denken. „Sie (die Iraner – Red.) sind dazu nicht bereit, und wir sind es auch nicht.“

Eine Strategie lässt der Slalomlauf nicht erkennen. Eher die Ratlosigkeit eines Mannes, der bewaffnete Interventionen in der Ferne eigentlich skeptisch sieht, der nicht zuletzt wegen des Versprechens des Rückzugs aus Krisenregionen gewählt wurde und der im Umgang mit dem Iran darauf setzte, dass massiver Druck irgendwann seine Wirkung erzielen werde. Falls Trump mit seinem Ausstieg aus dem Atomdeal, verbunden mit mehrfach verschärften Sanktionen, den Weg zu einem breiter angelegten Abkommen ebnen wollte, das auch die regionalen Ambitionen des Iran einhegen sollte, hat er sich bislang verrechnet. Und ob das offensichtliche Scheitern der Abe-Mission das Ende halbherziger Dialogversuche bedeutet oder aber nur ein Schachzug ist, dem weitere folgen, wagt in Washington niemand seriös zu prophezeien.

William Burns, unter Barack Obama einer der Spitzendiplomaten, die Nuklearverhandlungen mit dem Iran einfädelten, spricht von den vorhersehbaren Folgen eines Konzepts, das allein auf Sanktionsdruck gebaut habe und überhaupt nicht auf Diplomatie. Das Risiko, warnt Burns, bestehe nun darin, dass die Hardliner in Teheran wie in Washington einander hochschaukeln, einander förmlich antreiben, während sie eine „sehr wacklige“ Leiter der Eskalation hinaufklettern.

(her/mja/dpa)
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