Türkei Trump gratuliert Erdogan zu Referendum — Proteste in Istanbul

Ankara · US-Präsident Trump hat den türkischen Präsident Erdogan am Telefon zu dessen Sieg beim Referendum beglückwünscht. Andere Staatschefs hatten sich verhalten geäußert. In Istanbul demonstrierten Tausende gegen ihren Staatschef.

In Istanbuls Kadiköy Viertel demonstrieren Türken nach dem Referendum gegen Staatschef Erdogan.

In Istanbuls Kadiköy Viertel demonstrieren Türken nach dem Referendum gegen Staatschef Erdogan.

Foto: afp, KLC

Donald Trump habe Recep Tayyip Erdogan am Montagabend angerufen und ihm zu dessen Erfolg bei dem Referendum gratuliert, berichtete zunächst die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu unter Berufung auf Regierungskreise. Später wurde auch aus den USA bestätigt, das Weiße Haus habe dem türkischen Präsidenten gratuliert.

Die beiden Staatschefs hätten zudem Trumps Entscheidung besprochen, einen syrischen Luftwaffenstützpunkt als Reaktion auf einen mutmaßlichen Chemiewaffenangriff auf Zivilisten zu bombardieren, teilte das Weiße Haus am Montagabend (Ortszeit) mit. Demnach bedankte sich Trump, dass Erdogan die Militäraktion unterstützt habe.

EU-Vertreter hatten sich zuvor zurückhaltend zu dem Abstimmungsergebnis geäußert, internationale Wahlbeobachter äußerten Kritik am Verlauf des Referendums. Auch der Sprecher des US-Außenministeriums, Mark Toner, hatte am Montag zunächst auf eine Gratulation verzichtet. Er appellierte vielmehr an die Türkei, die Rechte der Kritiker der Verfassungsreform zu respektieren. "Demokratien gewinnen ihre Stärke daraus, dass sie unterschiedliche Meinungen respektieren", sagte Toner. Zur "demokratischen Entwicklung" des Nato-Partners gehörten das Bekenntnis zur Rechtsstaatlichkeit und einer "vielfältigen und freien" Medienlandschaft.

Proteste in Istanbul

In Istanbul gab es nach dem Referendum Proteste gegen Staatschef Recep Tayyip Erdogan. Im Stadtteil Besiktas im Zentrum der Millionenmetropole versammelten sich am Montagabend rund 2000 Demonstranten, wie eine dpa-Reporterin berichtete. Sie skandierten unter anderem "Dieb, Mörder, Erdogan". Anwohner lehnten sich aus dem Fenster. Sie klatschten und schlugen als Zeichen des Protestes auf Töpfe. Andere Medien wie "Zeit-online" berichteten von über 10.000 Demonstranten.

Auch im Istanbuler Viertel Kadiköy auf der asiatischen Seite der Metropole versammelten sich nach Angaben von Augenzeugen mehrere Tausend Demonstranten. Sie hielten Plakate in die Luft, auf denen in Anlehnung an den knappen Sieg des "Ja"-Lagers beim Referendum stand:
"Das "Nein" ist nicht zu Ende, es fängt gerade erst an". Zunächst kam es nicht zu Zusammenstößen mit der Polizei.

Die Gruppe "Hayir Besiktas" (Nein Besiktas) hatte in dem Aufruf zur Demonstration geschrieben: "Wir sind hier gegen Betrügereien, Ungerechtigkeiten und gestohlene Stimmen!" Auch in der Hauptstadt Ankara und der westtürkischen Stadt Izmir hatten Regierungskritiker zu Protesten aufgerufen.

EU fordert zu Streben nach Konsens auf

Das Lager von Präsident Erdogan hatte das Referendum laut dem vorläufigen Ergebnis mit 51,4 Prozent knapp gewonnen. Die Wahlbeobachter des Europarats und der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) kritisierten die Benachteiligung der Nein-Kampagne und die Entscheidung der Hohen Wahlkommission am Sonntag, auch nicht offiziell zugelassene Wahlunterlagen als gültig zu werten. Anders als die türkische Opposition sprachen sie aber nicht von Betrug

Die EU-Kommission forderte Ankara auf, angesichts des knappen Ergebnisses des Referendums nach Konsens zu streben. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) forderten Erdogan auf, einen "respektvollen Dialog mit allen politischen und gesellschaftlichen Kräften des Landes" zu suchen. Das Ergebnis zeige die tiefe Spaltung der Gesellschaft und bedeute "große Verantwortung für die türkische Staatsführung".

(juju)
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